Wer zahlt die Zeche für Altlasten?

Saarlouis/Neunkirchen. Mit einem unrühmlichen Stück Industriekultur musste sich jetzt das Verwaltungsgericht Saarlouis befassen. Es ging um ein so genanntes Teerloch mit Kokereiabfällen im Wald von Heinitz und darum, wer für die Untersuchung des betroffenen Geländes am früheren Bahnhof gerade stehen muss

Saarlouis/Neunkirchen. Mit einem unrühmlichen Stück Industriekultur musste sich jetzt das Verwaltungsgericht Saarlouis befassen. Es ging um ein so genanntes Teerloch mit Kokereiabfällen im Wald von Heinitz und darum, wer für die Untersuchung des betroffenen Geländes am früheren Bahnhof gerade stehen muss. Das Landesamt für Umweltschutz machte dafür die RAG als Nachfolger der Saarbergwerke verantwortlich, die bis 1963 in Heinitz eine Kokerei betrieben hatten. Ohne Erfolg. Die Richter lehnten eine Haftung der RAG ab (Az.: 5 K 781/10). Nun muss eventuell die Stadt Neunkirchen als Eigentümerin des Geländes in die Bresche springen.Die ganze Geschichte begann nach Feststellung der Richter irgendwann zwischen den 50er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals bestimmten Kohle und Stahl den Pulsschlag des Saarlandes - auch in Heinitz, wo es seit 1849 eine Kokerei gab. Deren Betriebsgelände grenzte teilweise an das Bahngelände. Und dort, in der Nähe der Gleise, müssen irgendwann einer oder mehrere Lastwagen rund 80 Kubikmeter giftige Kokereiabfälle in einer Bodensenke abgekippt haben. Ein Teerloch im Wald war entstanden, das in Vergessenheit geriet. Das sollte sich erst in den 90er Jahren ändern. Damals wurden rund um das frühere Kokereigelände in Heinitz Schadstoffe gefunden. Auch auf dem Bahngelände fand sich unter einer dünnen Humusschicht eine geschlossene, bis zu 30 Zentimeter hohe Teerlache mit einer Ausdehnung von etwa 250 Quadratmetern. Eine Sanierung wurde trotz der Nähe zu einem Kindergarten und der Wohnbebauung offenbar nicht für nötig gehalten, und das Teerloch wurde wieder vergessen.

Das dauerte dieses Mal aber lediglich rund zehn Jahre. Dann beschwerten sich Anwohner über den Gestank von dem 240 Meter langen und 85 Meter breiten Grundstück, das zwischenzeitlich von der Stadt Neunkirchen erworben worden war. Sie hatte die Fläche abgeholzt und mit Erdmassen, Bauschutt oder Ähnlichem überdeckt. Das Landesamt sah sich das Ganze an und kam zu dem Ergebnis, dass hier großflächig nach möglichen Schadstoffen gesucht werden müsse. Aber wer sollte dafür und die anschließend eventuell fällige Sanierung bezahlen? Antwort: die frühere Kokerei als möglicher Verursacher der Bodenbelastung. Dazu die Vertreterin der RAG vor dem Verwaltungsgericht: Für die Belastungen durch die Kokerei in Heinitz und auf deren Betriebsgelände sei man verantwortlich und bereit zu haften. Anders sei dies aber bei Geländen, die nie zu Saarberg gehört hätten und nie von Saarberg genutzt worden seien. So wie das frühere Bahngelände. Damit und mit dessen Schadstoffbelastung habe man nichts zu tun. Man könne doch nicht automatisch immer in Richtung RAG schauen, sobald es um mögliche Kokereiabfälle gehe. Zumal zum Zeitpunkt der Verursachung auch andere Betriebe, speziell die Hütten in Neunkirchen, Burbach und Völklingen in Betrieb gewesen seien. Die könnten es auch gewesen sein - oder die Bahn mit defekten Waggons - oder die Stadt Neunkirchen mit Bauschutt. Die Kokerei in Heinitz sei es jedenfalls nicht gewesen.

Fazit der Richter: "Es ist klar: Das Ganze stammt von einer Kokerei." Also nicht von der Bahn oder der Stadt Neunkirchen. Aber: Zum fraglichen Zeitpunkt habe es in der Gegend vier Kokereien gegeben, die als Verursacher in Frage kommen. Bei dieser Sachlage könne man nicht einfach die nächstgelegene Kokerei in Haftung nehmen. Das gehe nicht. "Das Problem ist eben der lange Zeitraum." Das Ganze sei vor 40, 50 oder 60 Jahren passiert. Und wer es getan habe, wer dafür verantwortlich gewesen sei, das ließe sich wohl nie mehr klären.

"Es ist klar: Das Ganze stammt von einer Kokerei."

Fazit der Richter am Verwaltungsgericht Saarlouis

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