Wenn die Richter ihre Robe ausziehen müssen

Saarbrücken. Der Trend ist eindeutig und geht weg vom streitigen Prozess an dessen Ende ein Richter verkündet, wer gewonnen und wer verloren hat. Künftig sollen auch bei Gericht möglichst alle gewinnen und das unter Mitwirkung eines Richters ohne Robe

Saarbrücken. Der Trend ist eindeutig und geht weg vom streitigen Prozess an dessen Ende ein Richter verkündet, wer gewonnen und wer verloren hat. Künftig sollen auch bei Gericht möglichst alle gewinnen und das unter Mitwirkung eines Richters ohne Robe. Unter der Überschrift "gerichtsnahe Mediation" sollen diese geschulten Juristen in geeigneten Fällen den Streitparteien helfen, ihre Konflikte selbst und zur eigenen Zufriedenheit zu lösen - etwa bei Streit vor den Sozialgerichten oder in Familiensachen. Tätig werden soll dabei ein Richter, der nicht mit der Entscheidung des Falles befasst ist. Wie das funktionieren soll, darüber wurden jetzt die Richter der Zivil- und Sozialgerichtsbarkeit informiert. Auf Einladung der drei Präsidenten von Landgericht, Landessozialgericht und Sozialgericht - Hans-Peter Freymann, Jürgen Bender und Dieter Fischbach - war dazu der Mediationsexperte Arthur Trossen an die Saar gekommen. Rund vier Stunden lang nahm der frühere Familienrichter seine Zuhörer mit auf die Reise in die Welten zwischen Jura und Psychologie. Er sei "infiziert vom Virus der Mediation" sagte der Jurist und erzählte, wie er dazu eigentlich gekommen sei. Durch den "Babysitter-Fall": Dabei habe er als Familienrichter über den Umgang mit einem Baby zu entscheiden gehabt. Der Vater wollte sein Kind öfters sehen, die Mutter wollte das nicht. Sie kam auch als erste ins Büro und meinte: Beinahe hätte es nicht geklappt. Denn es sei fast unmöglich einen Babysitter zu bekommen. Und dann sei der auch noch richtig teuer. Darauf der Richter spontan: "Missbrauchen Sie doch ihren Mann als Babysitter." Antwort der Frau. Das sei eine gute Idee, dann mache der auch mal was. Kurz darauf kam der Mann. Er war schnell mit der Rolle als Babysitter einverstanden. Denn nun hatte ja auch er, was er wollte.Das sei beinahe Mediation gewesen, so der Referent. Aber noch nicht ganz. Die richtige Mediation gehe tiefer. Sie bringe die Betroffenen dazu, die tieferen Ursachen ihres Streites, also ihre eigentlichen Probleme zu sehen. Dann würden Handlungsmöglichkeiten und Lösungsoptionen gesucht. Zuletzt werde eine Vereinbarung getroffen, die das Problem löst. Das Ganze hat also mehr mit Psychologie als mit Juristerei zu tun. Das färbt auf die Rolle des Richters als Mediator ab. Er darf nicht mehr Entscheider des Falles sein. Er soll die Betroffenen schließlich selbst zum Nachdenken und Lösen ihrer Konflikte animieren. Dazu sollen Richter in Mediation ausgebildet werden. Ob und wie das alles am Ende funktionieren wird, ist ungewiss. Pilotprojekte der "gerichtsnahen Mediation" laufen bereits in mehreren Bundesländern, jeweils zunächst meist bei einzelnen Gerichten. Mit dabei sind auch Rheinland-Pfalz und nun das Saarland mit dem Landgericht, dem Landessozialgericht und dem Sozialgericht.

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