Wenn der Stahlbaron zum Leben erwacht

Neunkirchen. Manchmal sollte man das Schlusswort eines Buches zuerst lesen, verrät doch hier der Autor Raimund Eich seine schriftstellerische Absicht: Er will eine Stadtgeschichte schreiben, skurril, mysteriös, und "mit einer Handvoll Humor"

 Der Auto präsentiert sein Buch in der Stadtbibliothek. Foto: VA

Der Auto präsentiert sein Buch in der Stadtbibliothek. Foto: VA

Neunkirchen. Manchmal sollte man das Schlusswort eines Buches zuerst lesen, verrät doch hier der Autor Raimund Eich seine schriftstellerische Absicht: Er will eine Stadtgeschichte schreiben, skurril, mysteriös, und "mit einer Handvoll Humor". Die Leiterin der Stadtbibliothek, wo die Lesung am Dienstagabend stattfand, Rita Maey, ergänzte in ihren Begrüßungsworten: "Wer mit Neunkirchen verbunden ist, wird vieles wiedererkennen aus seiner Kindheit und Jugend."Der gebürtige Neunkircher Raimund Eich, Jahrgang 1950, hauptberuflich Ingenieur bei der Landesregierung, ist in der Literaturszene seiner Heimatstadt kein Unbekannter. In Erinnerung geblieben ist die Autorenlesung der VHS Wemmetsweiler am diesjährigen 11. September, wo Eich seinen Roman "September Eleven", basierend auf eigenen Erlebnissen in den USA, vorstellte.

Mit seinem biografischen Roman "Angst um Melanie" trat er 2005 an die Öffentlichkeit; es folgten heitere Erzählungen, Kinderbücher, Gedichte und schließlich die poetische Stadtgeschichte "Stumm - Denk Mal". In der Tat ein origineller und abenteuerlicher Gedanke zugleich: Stumm, der legendäre Stahlbaron Neunkirchens, kehrt zurück. Sein Denkmal wird lebendig. Oberbürgermeister Jürgen Nachneuber-Deckerfried (der Name ist eine Montage ehemaliger Oberbürgermeister) unternimmt - besorgt um seine Stadt - einen nächtlichen Spaziergang, gelangt zum Denkmal des Freiherrn, das prompt zum Leben erwacht und tritt mit ihm in einen Dialog. Nicht genug damit, es gesellen sich weitere Originale der Stadt hinzu: der Sense Eduard, der Eisengießer und schließlich das Denkmal des Fußballers am Ellenfeld.

Ein nicht unwesentliches Requisit in dieser fiktiven Geschichte ist die wieder erweckte Straßenbahn. Als der OB Stumm die Probleme und Nöte seiner Stadt (Arbeitslosigkeit, Abwanderung, "Geisterstadt") schildert, erweist sich die Kultfigur nicht nur als Helfer in der Not, sondern auch als versierter Stadtführer und profunder Kenner der Lokalgeschichte samt ihrer historischen Bauwerke.

An dieser Stelle wird deutlich, worum es Eich geht: Er will nicht nur Denkmäler vom Sockel holen. Seine Geschichte ist zwar dem Inhalt nach eine fantastische und nostalgische Reise (mit der historischen Straßenbahn) durch Neunkirchen. Zugleich will sie aber auch in die Zukunft weisen. Denn sie befasst sich mit der Frage: Wie kann man Neunkirchen attraktiver machen? Dass der von Stumm und dem Oberbürgermeister gebildete Krisenstab ausgerechnet aus legendären Denkmälern besteht, mag ein skurriler Einfall sein, lässt aber auch auf eine gewisse Lücke in der aktuellen Politik schließen.

Eich beendete seine Lesung mit einer Episode am Ellenfeld. Er wollte sein Publikum neugierig machen, zum Weiterlesen und Kaufen ermuntern, was wohl auch gelungen ist. Der Roman, ein modernes Kunstmärchen, das sich unter historischen Vorzeichen aktueller Probleme Neunkirchens annimmt, ist eindrucksvoll illustriert von den Neunkircher Künstlerinnen Anna Linnenbach und Maria Luise Schneider. Wie der Autor selbst gesteht, war ihm das Buch ein großes Anliegen, der "Versuch einer Liebeserklärung an meine Heimatstadt".

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