Wasserentnahme-Entgelt Wen macht ein höherer Wassercent nass?

Saarbrücken · Landesregierung will das Wasserentnahme-Entgelt erhöhen. Auch Normalverbraucher könnte die die Neuregelung treffen.

 Hier sprudelt das Frischwasser im Wasserwerk Rentrisch. Bisher mussten Privatleute keinen Wassercent entrichten, dass könnte sich jedoch ändern.

Hier sprudelt das Frischwasser im Wasserwerk Rentrisch. Bisher mussten Privatleute keinen Wassercent entrichten, dass könnte sich jedoch ändern.

Foto: Iris Maurer

Kaum hatte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am vergangenen Dienstag angekündigt, dass die Landesregierung das sogenannte Wasserentnahme-Entgelt erhöhen will, hagelte es von Industrie und Opposition scharfe Kritik. Unklar ist jedoch bislang, ab wann die Erhöhung greifen und wie hoch sie ausfallen soll. Und vor allem: Wird sie weiterhin nur von Gewerbe und Industrie erhoben oder sollen künftig auch Privatverbraucher zur Kasse gebeten werden? Diesbezüglich hält sich die Landesregierung auch weiterhin bedeckt. Derzeit prüft das Umweltministerium nach eigenen Angaben, „in welcher Form und Höhe die Entgeltsätze – auch im Hinblick auf den Bundesvergleich – angepasst werden sollen“. Ein Ergebnis dieser Prüfung soll „bis Mitte Juli“ vorliegen. Was ist in diesem Zusammenhang bislang bekannt – und was nicht?

Wer muss zahlen? Der umgangssprachlich genannte Wassercent beträgt im Saarland derzeit sieben Cent pro Kubikmeter und wird ausschließlich von Industrie und Gewerbe erhoben. Die Abgabe wird von den 40 Wasserversorgern im Saarland (darunter 28 privatwirtschaftliche) eingezogen und an das Land abgeführt. Für private Verbraucher gilt eine Freigrenze von 35 Kubikmeter pro Jahr. Bei einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch der Saarländer von 100 Liter pro Jahr (weniger als der Bundesdurchschnitt von rund 110 Litern pro Kopf) wird diese Freigrenze kaum überschritten – und gilt der private Wasserverbraucher somit de facto als beitragsfrei, wie der Verband für der Energie- und Wasserwirtschaft des Saarlandes (VEW Saar) erklärt. Eingeführt wurde der Wassercent im Saarland zum 1. Mai 2008 unter Umweltminister Stefan Mörsdorf (CDU). Vorgesehen war dabei zunächst, auch die Privatverbraucher zur Kasse zu bitten. Ein Plan, der aber nach zähen Verhandlungen schließlich zugunsten der Freigrenzen-Regelung fallen gelassen wurde.

Was ist zulässig? Nach dem Bundesverfassungsgericht ist die Wasser­entnahmegebühr sachlich gerechtfertigt, weil sie eine Vorteilsabschöpfungs-Abgabe darstellt. Denn da Wasser als knappe natürliche Ressource ein Gut der Allgemeinheit sei, werde dem Einzelnen mit der Nutzung ein Vorteil gegenüber all denen eröffnet, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen. Die Höhe ist allerdings nicht festgelegt. Eine gesetzliche Zweckbindung schreibt nicht zuletzt im Saarland vor, die Einnahmen des Landes durch den Wassercent für ökologische Maßnahmen – insbesondere den Schutz der Menge und Güte des Grundwassers – zu verwenden.

Wie hoch sind die Einnahmen derzeit? Nach Angaben des Umweltministeriums rechnet das Land aktuell mit Einnahmen durch den Wassercent in Höhe von rund 3,2 Millionen Euro pro Jahr.

Senkt die Abgabe den Wasserverbrauch? Eingeführt wurde das Wasserentnahmeentgelt 2008 mit dem Verweis auf eine sogenannte Lenkungswirkung der Abgabe. Soll heißen: Wenn der Wasserverbrauch Geld kostet, animiert dies zum Wassersparen. Ob dieser Plan aufgeht, ist nicht abschließend geklärt. Das Umweltministerium erklärt, dass ein belastbares Messen dieser Lenkungswirkung „schwierig ist“. Die „hohen Wettbewerbsnachteile“, die die Industrie beklage, ließen allerdings vermuten, dass die Lenkungswirkung tatsächlich greife, heißt es. Joachim Meier vom VEW Saar hält das Argument der Lenkungswirkung zumindest für die nun geplante Erhöhung des Wassercents allerdings für unglaubwürdig. „Wir haben bereits einen niedrigeren Pro-Kopf-Verbrauch als im Bundesdurchschnitt und im Saarland steht außerdem ausreichend Grundwasser zur Verfügung. Für zwingende Sparmaßnahmen gibt es keinen Anlass“, sagt Meier. Das Ministerium räumt zwar ein, dass es genug Grundwasser im Saarland gebe. Es gelte aber dieses vor einer lokalen Übernutzung zu schützen, auch mit Blick auf den Klimawandel.

Welche Folgen hätte eine Erhöhung? Würde das Wasserentnahmeentgelt im Saarland beispielsweise um drei Cent auf insgesamt zehn Cent pro Kubikmeter erhöht, würde dies einen saarländischen Großbetrieb mit hohem Wasserverbrauch von 600 000 Kubikmetern jährlich rund 18 000 Euro im Jahr zusätzlich kosten. Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Verband Saarländischer Unternehmensverbände (VSU) beklagen dabei, dass „bereits heute die saarländischen Unternehmen im Vergleich zur bundesdeutschen Wirtschaft erhebliche Wettbewerbsnachteile zu schultern haben, die im Wesentlichen aus einer überdurchschnittlich hohen Abgabenbelastung resultieren“. Sollte der Wassercent künftig auch von Privatverbrauchern erhoben werden, würden die derzeit geltenden sieben Cent jeden Bürger bei gleichbleibendem Verbrauch rund 5,70 Euro im Jahr kosten.

Wer könnte noch zahlen müssen? Der korrekte Begriff für den umgangssprachlichen Wassercent im Saarland lautet eigentlich „Grundwasserentnahmeentgelt“. Das bedeutet: Die Abgabe fällt nur für Grundwasser an. Möglich wäre aber auch, die Abgabe für Oberflächenwasser zu erheben. Acht Bundesländer tun dies bereits. Dadurch müssten etwa Kraftwerke, die ihr Kühlwasser aus der Saar beziehen, künftig ebenfalls zahlen müssen.

Wie hoch ist die derzeitige Abgabe im Vergleich zu anderen Bundesländern? Nach Angaben des Umweltministeriums beträgt der Wassercent im Bundesdurchschnitt neun Cent pro Kubikmeter, also zwei Cent mehr als im Saarland. Die Stadtstaaten Berlin (31 Cent) und Hamburg (15 Cent) würden die höchsten Entgelte erheben, gefolgt von Schleswig-Holstein (zwölf Cent) und Baden-Württemberg (zehn Cent). Bayern, Hessen und Thüringen erheben überhaupt keine Abgaben.

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