Friedel Läpple wird 80 Jahre Warum sich Wehner über Läpple ärgerte

Von Cathrin Elss-Seringhaus · Heute feiert der Sozialdemokrat und frühere Saar-Innenminister Friedel Läpple seinen 80. Geburtstag

 Friedel Läpple (rechts im Bild) beim Landesparteitag der saarländischen Sozialdemokraten im Jahre 1972 mit dem späteren SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt.

Friedel Läpple (rechts im Bild) beim Landesparteitag der saarländischen Sozialdemokraten im Jahre 1972 mit dem späteren SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt.

Foto: Julius C. Schmidt

Kaum ein Foto ohne Strahlemann-Lächeln, und das auf eine Strecke von annähernd einem halben Jahrhundert. So viel Dauer-Gutelaune und Ausgeglichenheit lässt sich unmöglich inszenieren. Und tatsächlich sagt Friedel Läpple am Ende des Telefonates, das wir anlässlich seines 80. Geburtstages führen: „Ich hatte und habe ein schönes Leben. Ich bin ein zufriedener Mensch.“  Auch Hilfsbereitschaft schreibt er sich als Positiv-Eigenschaft zu. Solidarisch-Sein,  auch das passt zu dem, was in vielen Berichten über den Sozialdemokraten und ehemaligen Innenminister des Saarlandes (1985-1999) auftaucht: seine Ur-Saarländerschaft. Sport und Ehrenamt haben ihn vernetzt und geerdet, bei der Arbeiterwohlfahrt war er aktiv, hat die „Lebenshilfe Saar“ gegründet. Auch machte er als „Schiffweiler Bub“, der heute in Hirzweiler (Illingen) lebt, in seiner Partei die Ochsentour, vom Kassierer bis in den SPD-Bundesvorstand (1973-1979). Heute noch marschiert Läpple nach eigenem Bekunden an Ostersamstag  für seinen SPD-Ortsverein mit einem Osterei-Gruß von Tür zu Tür. Doch wenn’s um Geburtstagsfeiern geht, da verhält sich Läpple seit Jahren eher Saarland-untypisch.

Auch diesmal wird er mit seiner zweiten Frau Karin (63)  allein sein, wird in einem Ferienhaus 35 Kilometer südlich von Cherbourg (Normandie) an einem fein gedeckten Tisch sitzen, die selbst geschriebene Menükarte vor sich. Bis zu sieben Gänge könnten drauf stehen, meint er, Austern inklusive. Läpple ist Hobbykoch und Genussmensch, auch das passt ins Klischee.

„Wir werden uns ein Menü zaubern“, sagt Läpple. Das Modell funktioniere vortrefflich, auch den Heiligabend verbringe man grundsätzlich nur zu zweit. Obwohl da zwei Söhne aus erster Ehe sind und zwei Enkelkinder – „meine zwei Sonnenscheine“. Diesmal hat’s aber nicht ganz hingehauen mit der absoluten Zweisamkeit zum 80., Freunde drängten Läpple zu einer Feier, die der langjährige Vorsitzende der Stiftung Demokratie Saar am 29. Juni just dort nachholen wird.  Ob sein ehemaliger Kabinettschef Oskar Lafontaine auftaucht, weiß er nicht, der Kontakt ist lose.  Anders als einige andere seiner Ex-Ministerkollegen zürnt Läpple dem Gründer der Linken nicht. Er hält Lafontaine für „einen der begnadesten Politiker, den wir haben“.

Konkurrenzdenken musste sich Läpple schon früh abtrainieren. Nachdem er als SPD-Spitzenkandidat im Landtagswahlkampf gescheitert war, jagte ihm Lafontaine  1977 den SPD-Landesvorsitz ab. Nachdem Läpple eingesehen hatte, dass er gegen einen Mega-Charismatiker chancenlos war,  machte er seinen Frieden mit Lafontaine. So steht es sinngemäß in Läpples Biografie  „Glücksmomente“ (2009).

Der Ex-Minister klingt am Telefon äußerst agil, hat alle nur möglichen Namen und Jahreszahlen präsent, wenn er von seinem Politikerleben berichtet. Auch davon, wie ihn Herbert Wehner (SPD), damals Bundesminister, ungewollt zum Gesundheitsexperten machte. Weil er die jungen Willy-Brandt-Fans im SPD-Bundesvorstand  fordern und testen wollte, darunter auch Läpple, machte er letzteren zum Leiter der Gesundheitskommission. „Ich war total fachfremd, aber ich habe mich reingekniet“, so  Läpple. Am Ende standen zwei Aufsehen erregende Bücher mit steilen Thesen („Ich gebe zu, ich wollte mich bekannt machen“), eines hieß „Profit aus Krankheit. Das Gesundheitswesen aus Arbeitnehmersicht“ (1975).  Heute noch tritt Läpple für einen Systemwechsel zu einer Solidarversicherung ein.

Bisher kaum bekannt oder vergessen dürfte dem hingegen Läpples Vorreiterrolle in Sachen Saar-Kanalisierung sein. Mit einen „Erpressungsversuch“ gegenüber Willy Brandt, der ihm verbunden war, sorgte Läpple, wie er sagt, dafür, dass die „Heilige Kuh“ Saar-Pfalz-Kanal gekippt wurde: Er drohte damit, hinzuschmeißen, als Spitzenkandidat, bei der Wahl 1975 nicht anzutreten. Also nickte das Bundeskabinett 1973 das Kanalisierungsvorhaben ab. Als zweite herausgehobene Tat seiner Laufbahn, diesmal  in der Funktion des Vorsitzenden der Stiftung Demokratie, nennt Läpple die Sicherung der Saarbrücker  Zeitung, den Gesellschafterwechsel von Holtzbrinck zur Mediengruppe Rheinische Post. „Wir haben die Zerschlagung vereitelt und den Standort Saarland gesichert.“ Läpple ist Mitglied im SZ-Aufsichtsrat.

Die aktuelle Politik sieht er aus wohlwollender Distanz. Die ansonsten „sehr geschätzte“ SPD-Landeschefin Anke Rehlinger versäume, die Erfolge innerhalb der Koalitionsregierung hinreichend herauszustreichen, der neue Ministerpräsident  Tobias Hans „flattert in zu vielen Themen herum“. Auch Läpples Wirken als Innenminister gefiel damals nicht jedem. Dem passionierten  Sportsmann warf man vor, mehr auf dem Tennisplatz als bei seinen Polizisten zu sein. Auch seine Freundschaft mit dem durch Prozesse zu unrühmlicher Popularität gekommenen Elf-Aquitaine-Lobbyisten Dieter Holzer nahmen ihm viele krumm.

 Ex-Saar-SPD-Chef Friedel Läpple

Ex-Saar-SPD-Chef Friedel Läpple

Foto: Stiftung Demokratie Saarland

Läpple scheint generell kein Grübler. Intellektuelle Pirouetten waren und sind nicht sein Fall. Auch  der rückwärtsgewandte Blick nicht. Lieber erzählt er von seiner Hündin Bera, die jüngste einer langen Reihe von Flatcoated Retrievern. Eineinhalb Stunden pro Tag gehören ihr. Der späte Abend dann ihm. Jeden Tag, auch bei minus 15 Grad, sitzt Läpple, wie er sagt, auf seiner überdachten Terrasse in Hirzweiler mit Blick auf den Fischteich, liest, raucht Pfeife und trinkt Rotwein. Das Bild taugt für ein imaginäres Buch: So gelingt Alter.

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