Die Linke „Warum lassen sich die Leute das alles gefallen?“

Saarbrücken · Oskar Lafontaine kämpft an der Seite seiner Frau Sahra Wagenknecht für ein gutes Wahlergebnis – wie am Wochenende in Burbach.

 Oskar Lafontaine unterstützt seine Ehefrau Sahra Wagenknecht im Bundestagswahlkampf nach Kräften. 

Oskar Lafontaine unterstützt seine Ehefrau Sahra Wagenknecht im Bundestagswahlkampf nach Kräften. 

Foto: BeckerBredel

Kürzlich sah Oskar Lafontaine im Fernsehen den SPD-Bundesparteitag, es sprach gerade der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder. „Irgendwie kenne ich den noch von früher, ich bin mal auf den reingefallen“, sagte Lafontaine am Samstag beim Sommerfest der Linksfraktion am Burbacher Weiher, einer Art politischer Aschermittwoch mitten im Sommer. „Aber dass die SPD immer noch auf den reinfällt, nachdem die Hälfte der Wähler und der Mitglieder weggelaufen ist, das übersteigt wirklich mein Fassungsvermögen.“ Wie „Kabarett“ sei es gewesen, dass Schröder vor dem Slogan „Zeit für Gerechtigkeit“ sprach. Das vollbesetzte Zelt johlte, Kritik an der SPD und an Schröder zieht bei den Linken noch immer.

Lafontaine hat Schröder die Agenda 2010 nicht verziehen. Jetzt, im Bundestagswahlkampf, hängt er sich mächtig rein, seine Ehefrau Sahra Wagenknecht  ist das Gesicht der Bundespartei. „Wir haben doch eine gute Spitzenkandidatin“, rief Lafontaine ins Zelt hinein, „die muss unterstützt werden!“

Wagenknecht beklagte, es werde „immer nur Politik für die Wirtschaftslobbyisten und die Waffenschmieden“ gemacht. „Die miesen Gesetze, die die Beschäftigten wehrlos gemacht haben und die sie den Lohndrückern in den Unternehmen ausgeliefert haben, müssen endlich mal zurückgenommen werden.“ Die SPD habe sich immer hinter der Koalitionsdisziplin versteckt, doch dass dies „heuchlerisch“ sei, habe ja gerade die Abstimmung über die „Ehe für alle“ gezeigt, bei der die SPD mit Linken und Grünen gestimmt hatte. 40 Prozent der Bevölkerung, zitierte Wagenknecht aus einer DIW-Studie, hätten heute ein niedrigeres Realeinkommen als Ende der 90er Jahre. Das sei eine Schande und ein Armutszeugnis für alle Parteien, die seither an der Bundesregierung beteiligt waren.

Lafontaine ist sich ohnehin sicher, dass alle Parteien außer der Linken von der Wirtschaft „geschmiert“ werden und Deutschland keine demokratische Gesellschaft mehr ist, weil sich immer „die Interessen der Mächtigen“ und nicht die der Mehrheit durchsetzten. Er kann sich allerdings nicht recht erklären, warum die Bevölkerung nicht dagegen aufbegehrt, die Linke kommt ja in den Umfragen auch nicht über neun, zehn Prozent hinaus. In Bezug auf die Rente fragte er: „Warum lassen sich die Leute das alles gefallen? Das ist die Frage, die mich beschäftigt.“ Eine Antwort hatte er nicht.

Bei einem anderen Thema beobachtet er intellektuelle Defizite bei den Politikern: „80 bis 90 Prozent der Bundestagsabgeordneten“ erkennen aus seiner Sicht nicht die Probleme des dauerhaften Export-Überschusses der Bundesrepublik, nämlich dass andere Länder sich verschulden müssten, um die mit „Lohndumping“ produzierten deutschen Waren zu kaufen. „Wir können nicht wieder die Pickelhaube aufsetzen und den deutschen Export-Nationalismus zum Maßstab Europas machen“, warnte er. Dadurch werde der Zusammenhalt Europas zerstört.

Wagenknecht sieht keine Probleme, einen Ausbau des Sozialstaates, wie ihn die Linke fordert, zu finanzieren. Man könne doch die „Superreichen“ ordentlich besteuern und den Rüstungsetat kürzen. „Das ist nun wirklich das Allerletzte, was dieses Deutschland braucht: mehr Geld für Waffen, Krieg und Panzer zu verschleudern.“ Wagenknechts Argumentation zusammengefasst: An fehlendem Geld scheitert in der Politik überhaupt nichts, nur an fehlendem Willen.

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