Bundestag Warum Josephine Ortleb heute Angela Merkel wählt

Saarbrücken · Die Saarbrücker SPD-Bundestagsabgeordnete war gegen die große Koalition. Aber sie will den Mitgliederentscheid akzeptieren.

Die Saarbrücker Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb

Die Saarbrücker Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb

Foto: Alle Rechte beim Dt. Bundestag/Achim Melde

Die Saarbrücker SPD-Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb will trotz ihres Widerstandes gegen eine Neuauflage der großen Koalition nun mithelfen, dass die schwarz-rote Bundesregierung offiziell ins Amt kommt. Die 31-Jährige, die 2017 erstmals in den Bundestag gewählt wurde, kündigte auf SZ-Anfrage an, bei der Kanzlerwahl heute im Parlament für Angela Merkel (CDU) zu stimmen – so wie es auch die SPD-Fraktionsspitze von ihren Abgeordneten erwartet.

Ortleb hatte beim SPD-Mitgliederentscheid gegen eine Fortführung der großen Koalition gestimmt, da ein Politikwechsel mit CDU/CSU aus ihrer Sicht nicht möglich war. Nachdem jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit der SPD-Mitglieder für das Bündnis mit der Union gestimmt hatte, erklärte Ortleb: „Ich respektiere und akzeptiere das Ergebnis des Mitgliederentscheids und werde die Bundesregierung so mitwählen, wie wir sie vorgeschlagen haben.“ Für sie sei das von Anfang an klar gewesen, das habe sie in der Debatte auch immer wieder betont. Sie ergänzte: „Für mich geht es im Moment weniger um Köpfe, sondern darum, die Sachen, die wir verhandelt haben, auch umzusetzen.“ Es sei ihr auch klar, dass die SPD in den nächsten dreieinhalb Jahren noch viele Dinge gegenüber dem Koalitionspartner erstreiten müsse.

Die SPD-Führung hatte die Entscheidung, ob die Partei erneut eine Regierung mit der Union bilden soll, der Basis überlassen. Bei der CDU entschied ein Parteitag über die Koalition, bei der CSU der Parteivorstand. Eine unmittelbare Bindung entfalteten diese Voten für die jeweilige Parteispitze, die den Koalitionsvertrag unterschrieb. Für die Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU und SPD sind diese Entscheidungen aber allenfalls politisch bindend, nicht rechtlich. Denn die Abgeordneten sind laut Artikel 38 des Grundgesetzes „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Selbst wenn Josephine Ortleb bei ihrem kategorischen Nein zur großen Koalition geblieben wäre, hätte sie also niemand zwingen können, heute für Merkel zu stimmen. Zumal die Kanzlerwahl ohnehin geheim ist.

„Garantiert wird damit das sogenannte freie Mandat, das für die repräsentative Demokratie wesensstiftend ist, verworfen wird das imperative Mandat“, erläutert Professor Christoph Gröpl, Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität des Saarlandes. Die Abgeordneten seien keine bloßen „Befehlsempfänger“ der Basis. Ob eine Fortsetzung der großen Koalition unter Angela Merkel dem Wohl des „ganzen Volkes“ entspreche, müsse jeder Abgeordnete bei der Bundeskanzlerwahl „mit seinem Gewissen ausmachen“.

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