Finanzen Warum die Landesregierung bei ihrem Haushalt Glück hat

Saarbrücken · Die Zinsen bleiben niedrig, die Steuereinnahmen sprudeln. Auch deshalb sinkt die Neuverschuldung stark. Doch was passiert, wenn sich das ändert?

 Oskar Lafontaine

Oskar Lafontaine

Foto: dpa/Uwe Anspach

Bevor im Jahr 2011 die Schuldenbremse in Kraft trat, machte die Landesregierung noch einmal kräftig Schulden und nahm 2010 fast eine Milliarde Euro an neuen Krediten auf – bei einem Haushaltsvolumen von vier Milliarden Euro. Im kommenden Jahr soll die Nettokreditaufnahme bei unter 50 Millionen Euro liegen. Die schwarze Null sei zum Greifen nah, freut sich die Landesregierung. Für 2019 kalkuliert sie gemäß der mittelfristigen Finanzplanung aus dem vergangenen Herbst sogar mit einem Überschuss von 82 Millionen Euro.

Selbst die Landesregierung räumt ein, dass dies nicht ausschließlich ihr Verdienst ist, sondern zu wesentlichen Teilen auf günstige Rahmenbedingungen zurückzuführen ist. Aus Sicht der Opposition hat die Landesregierung einfach nur Glück. „Natürlich ist es erfreulich, wenn die Haushaltslücke kleiner wird“, sagt Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine. „Dass dies aber in erster Linie den historisch niedrigen Zinsen und einer ungewöhnlich positiven Steuerentwicklung zu verdanken ist und weniger einem besonders glücklichen Regierungshandeln, ist der Landesregierung hoffentlich bewusst.“ In ihrer Finanzplanung räumt die Regierung selbst ein, „dass sich das Saarland nach wie vor in einer extrem schwierigen Haushaltslage befindet“.

In der Tat sind es die Posten Zinsen und Steuereinnahmen, die dem Land seit Jahren wenigstens ein bisschen Luft zum Atmen geben. Als die große Koalition 2012 ins Amt kam, plante sie für Zinsausgaben noch 532 Millionen Euro ein. Obwohl die Schuldenlast seither weiter gewachsen ist, musste sie 2016 nur noch 392 Millionen Euro für Zinsen aufwenden. International deuten die Zeichen wieder auf einen moderaten Anstieg des Zinsniveaus. Ein solches Risiko für den Landeshaushalt wäre nach Angaben der Landesregierung aber beherrschbar. Für die nächsten Jahre rechnet sie mit „leicht ansteigenden Zinssätzen“. Eingepreist ist ein Anstieg der Zinskosten auf rund 450 Millionen Euro im Jahr 2020.

Ähnlich günstig ist die Entwicklung bei den Steuereinnahmen. Im laufenden Jahr sollen sie um 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Für 2018 erwartet die Regierung sogar einen Anstieg um fünf Prozent. Dies ist ein Ergebnis der guten Konjunktur. Ein Konjunktureinbruch würde die guten Zahlen zunichte machen. Ein Problem, so tröstet man sich in der großen Koalition, das dann auch alle anderen Bundesländer hätten. Die Schuldenbremse erlaubt, wenn sie erst einmal ins Landesrecht übernommen ist (was CDU und SPD vorhaben), übrigens die Aufnahme neuer Kredite in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs – sofern diese Kredite in der anschließenden Boom-Zeit wieder abbezahlt werden.

Zwar hat das Land dank der guten Rahmenbedingungen kleine Spielräume und will 2018 rund 20 Millionen Euro zusätzlich investieren. Doch dies wird nach Lafontaines Ansicht nicht ausreichen, um den Rückstand des Landes bei Sanierungen aufzuholen. „Unser Land fällt immer mehr zurück“, sagte Lafontaine. Der große Wurf bleibe aus – auch weil sich CDU und SPD weigerten, sich auf Bundesebene für eine „gerechte Besteuerung von Millionen-Einkommen, -Vermögen und -Erbschaften“ einzusetzen. Wie die für 2020 in Aussicht gestellten zusätzlichen Investitionen (50 Millionen pro Jahr mehr) finanziert werden sollen, wenn die Zinsen wieder steigen, darauf habe die Landesregierung keine Antwort.

Grünen-Chef Markus Tressel sprach bei den 20 Millionen mehr für das kommende Jahr von einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Er bemängelte zudem, es sei eine „Mogelpackung“, wenn nun gesagt werde, die schwarze Null sei bald erreicht. „Fakt ist: Auch wenn die Neuverschuldung gegen null geht, liegt das strukturelle Defizit des Haushalts um 260 Millionen Euro, nämlich der Hilfe durch den Bund, darüber.“ Das strukturelle Defizit ist im Zusammenhang mit der Schuldenbremse die entscheidende Größe. Es wird ermittelt, indem die Hilfen des Bundes, konjunkturell bedingt hohe Steuereinnahmen sowie Einmal-Effekte aus dem Haushalt herausgerechnet werden. Außerdem, so Tressel, müsse das Land die verdeckte Verschuldung in Form von Pensionsansprüchen von Beamten im Ruhestand oder des Sanierungsstaus transparent machen.

Der FDP-Landesvorsitzende Oliver Luksic kritisierte, dass die Landesregierung trotz Nullzinsen und Rekordeinnahmen im Gegensatz zu den anderen Bundesländern weiterhin neue Schulden mache. Sie verschiebe eine notwendige Kommunalreform auf den Sankt-Nimmerleinstag.

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