Wahl-Versprechen mit Bauchweh

Manchmal sind die ganz großen Worte leise und versteckt. Nur bei Kindern und Politikern meist nicht.

Die posaunen ihre Parolen eigentlich immer laut heraus. Charlotte Britz hat diese Woche dieses Klischee widerlegt. Ganz leise und versteckt hat sie in einer Pressemitteilung über Krippenplätze am Ende eines langen Textes Großes verkündet: "Denn es sind Betreuungseinrichtungen, die Eltern eine wirkliche Wahlfreiheit ermöglichen", ließ sich Saarbrückens Oberbürgermeisterin zitieren. Dieses Zitat von Britz könnte bald für großes Tamtam sorgen. Nämlich dann, wenn Eltern ihr Kleinkind nicht in einer Krippe unterbekommen, weil dort nicht genügend Plätze vorhanden sind.

In Saarbrücken fehlen aktuell 220 Krippenplätze. Diese Zahl bezieht sich allerdings auf die politische Übereinkunft, dass nur 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz brauchen. Also 1452 Krippenplätze für 4150 Kleinkinder in Saarbrücken. Britz hat allerdings selbst verkündet, dass der Bedarf in der Stadt höher sein werde. Für Eltern ist das nichts Neues: Sie laufen monatelang - meist noch weit vor der Geburt - von Kita zu Kita, um sich in teilweise dreistellige Anmeldelisten einzutragen.

Weil von Anfang an klar war, dass Geld und Zeit nicht ausreichen, um genug Krippen zu bauen, hat der Regionalverband parallel auf die Tagespflege gesetzt. Damit will er fehlende Krippenplätze ausgleichen. In Köln hat das Verwaltungsgericht nur gerade entschieden, dass Eltern nicht mit einer Tagespflegestelle vertröstet werden dürfen, wenn sie lieber einen Krippenplatz hätten. Die Kommunen warten nun, ob das Oberverwaltungsgericht von Nordrhein-Westfalen dieses Urteil bestätigt.

Britz versteckter Satz könnte darauf hinweisen, dass die Stadt damit rechnet, mehr Krippenplätze schaffen zu müssen. Sie steht nur vor dem Dilemma, dass sie zwar mehr Krippenplätze für sinnvoll hält, aber kein Geld dafür hat. Tagesmütter und -väter können flexible Alternativen sein. Das setzt jedoch auch flexible Eltern voraus. Wer angewiesen ist, auch in der Urlaubszeit, bei Krankheit der Tagesmutter und jenseits von 8 bis 16 Uhr Betreuungsmöglichkeiten zu haben, wird Charlotte Britz beim Wort nehmen - auch wenn sie ganz leise spricht.

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