Von der Unmöglichkeit des Nichtstuns

St. Ingbert. Der Saarbrücker Psychotherapeut Ralf Rousseau rät, täglich mindestens 15 Minuten lang nichts zu tun. Aber was tun die Menschen in St. Ingbert, wenn sie nichts tun? Die Antwort ist meist: "Eben nix." Bei näherer Betrachtung "geht das gar nicht, denn irgendwas macht man immer", so eine Verkäuferin. Selbst wenn man nur da sitzt, denkt man ja nach

St. Ingbert. Der Saarbrücker Psychotherapeut Ralf Rousseau rät, täglich mindestens 15 Minuten lang nichts zu tun. Aber was tun die Menschen in St. Ingbert, wenn sie nichts tun? Die Antwort ist meist: "Eben nix." Bei näherer Betrachtung "geht das gar nicht, denn irgendwas macht man immer", so eine Verkäuferin. Selbst wenn man nur da sitzt, denkt man ja nach. Und das ist eben doch wieder mehr als rein gar nichts, wie sie meint.

"Wenn ich mal nichts mehr mache bin ich wohl tot", bringt es eine 41-jährige St. Ingberterin für sich selbst auf den Punkt. Für dieses Jahr hat sie sich vorgenommen, mal nichts für andere zu machen, sondern mal mehr für sich: "Nichtstun ist für mich faulenzen, aber selbst dann macht man was. Denken zum Beispiel tu ich immer." Waldemar Schröder aus Rohrbach verbindet das Nichtstun einfach damit, es sich gut gehen zu lassen. Beim fernsehen, lesen oder auch bei gutem Essen. "Manchmal schaue ich auch einfach nur aus dem Fenster", so der 71-Jährige.

Sergej Rodionov denkt schon an den Abend, wenn bei ihm "Nichtstun" angesagt ist, denn dann entspannt er sich mit seiner Frau bei seinem Lieblingsfilm "Und täglich grüßt das Murmeltier". An Nichts denken und einfach nur genießen bedeutet aber für ihn auch mal ein Buch zu lesen, spazieren zu gehen oder sich mit seiner zweijährigen Tochter Lola-Charlott zu beschäftigen, die auch in der Fußgängerzone begleitete.

"Nichtstun gibt es bei mir nicht", so Melanie Heit, "sage ich mal, ich mache Nichts, dann lese ich, gucke fern oder ich räume auf." Auch für Andrea Grub ist Nichtstun ein Fremdwort. Sie ist immer in Aktion, denkt beim Arbeiten und arbeitet beim Denken. "Das geht überhaupt nicht, dass ich mal nix mache. Selbst wenn ich fernsehe, bügele ich dabei oder nähe. Man macht ja immer was." Dass das Nichts für ihn relativ ist, erfahren wir von einem St. Ingberter Zahnarzt, der in seiner Freizeit Fallschirmspringer ist. Schnell zückt er sein Smartphone und zeigt, wie seine Frau aus einem Flugzeug scheinbar ins Nichts fällt. Zumindest ist auch beim Sprung das scheinbare Nichts irgendwann zu Ende. "Das Nichts ist eben limitiert", so der Mediziner. Spätestens dann, wenn einen die Erde wieder hat und der Nichtstuer mit beiden Beinen auf dem Boden steht. con

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