Vom Schandfleck zum Schmuckstück

St Wendel · Wartehalle, Kneipe, Mobilitätszentrale – das 1956 erbaute Rondell am Bahnhof hat eine bewegte Geschichte hinter sich. 2010 wurde das Gebäude, das Jahrzehnte leergestanden hatte, saniert und umgebaut. Dafür gab es jetzt den Denkmalpflegepreis des Saarlandes.

 So sah der Pavillon am Bahnhof um 1985 aus. Foto: privat

So sah der Pavillon am Bahnhof um 1985 aus. Foto: privat

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Alte Gemäuer den modernen Nutzungswünschen anzupassen - das verlangt oft Fingerspitzengefühl. Besonders dann, wenn es sich um ein Gebäude handelt, das unter Denkmalschutz steht. Alle drei Jahre wird der Saarländische Denkmalpflegepreis verliehen. Damit wird besonderes Engagement beim Erhalt des saarländischen Kulturgutes ausgezeichnet. Zu den Preisträgern zählt dieses Mal auch der Landkreis St. Wendel und das gleich mit zwei Bauwerken. Für rund drei Millionen Euro hat der Landkreis das Gymnasium Wendalinum in verschiedenen Teilschritten saniert. Das 1926 errichtete Gebäude wurde 1984 in die Denkmalliste des Saarlandes aufgenommen.

Wer durch St. Wendel fährt oder am Bahnhof aus dem Zug steigt, kommt ums nicht umhin: das Rondell. Das zweigeschossige, ovale Gebäude ist 1956 entstanden. Zunächst wurde es als Buswartehalle genutzt, ab den 70er-Jahren zog die Kneipe Bierbrunnen in das Gemäuer.

"Ab Mitte der 90er-Jahre hat das Rondell leergestanden", erinnert sich Landrat Udo Recktenwald. Ungenutzt gammelte das Gemäuer vor sich hin. "Zuletzt war es zu einem Schandfleck geworden", sagt Bettina Berwanger von Berwanger-Architektur-GmbH. Ihr Büro wurde 2010 mit Sanierung und Umbau des Pavillons beauftragt. So lange hatte es gedauert, bis ein neues Konzept gefunden und alle Partner davon überzeugt waren. Die Idee, eine Mobilitätszentrale in dem Rondell einzurichten, war 2008 entstanden, seit 2011 ist sie Realität. Heute haben die Deutsche Bahn, die Saar-Pfalz-Bus GmbH und die Tourismusinformation St. Wendeler Land je eine Auskunftsstelle eingerichtet.

"Es macht Sinn, solche Bausubstanzen zu erhalten", betont Recktenwald. "Es spricht nichts dagegen, diese modern zu nutzen." Die Baukosten für das Rondell lagen bei rund einer halben Million Euro, wovon zirka 80 Prozent durch Landesmittel bezuschusst wurden. Das Ergebnis kann sich - nach Meinung der Beteiligten - sehen lassen. "Ich finde, der Umbau ist sehr gelungen - stilgerecht und charakteritisch", sagt Recktenwald. Das sieht Architektin Berwanger ähnlich: "Der Pavillon ist ein kleines Schmuckstück." Besonders gut gefielen ihr der Schriftzug "Tour-Rondo" in neongelb und die rot-weißen Markisen. Für das St. Wendeler Büro sei das Rondell am Bahnhof schnell zur "Lieblingsbaustelle" geworden. Das hänge auch mit der guten Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz und dem Landkreis als Auftraggeber zusammen. "Wir haben versucht, die alte Farbgebung zu finden", erklärt Berwanger. Hierzu waren Farbuntersuchungen nötig. Diese seien ohne den Denkmalschutz nicht zu realisieren. Größte Herausforderung bei den Arbeiten am Rondell war die energetische Sanierung. "Auf der einen Seite sind die energetischen Standards, auf der anderen Seite das individuelle Aussehen des Gebäudes", so Berwanger. Hier sei Fingerspitzengefühl gefragt. "Um das typische Aussehen zu erhalten, haben wir uns für einen Innen- statt einer Außendämmung entschieden", nennt die Architektin ein Beispiel. Sie freut sich über die Auszeichnung des Denkmalpflegepreises. Auch deshalb, weil es Stimmen gegeben habe, die einen Abriss forderten. Aus Kostengründen. "Auch wenn es etwas mehr gekostet hat, es war der richtige Weg", bekräftigt Recktenwald. "Solche Gebäude spiegeln die Geschichte wieder." Außerdem gebe es gerade aus den 50er Jahren nur noch wenige Gebäude.

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