Dillingen Vier Saar-Bahnhöfe jetzt im Kamerablick

Dillingen · Nach dem Saarbrücker Hauptbahnhof wurden nun auch kleinere Bahnhöfe mit Überwachungstechnik ausgestattet.

 Am Saarbrücker Hauptbahnhof gibt es schon seit Jahren Videoüberwachung. Nun hat die Bahn auch Kameras an vier kleineren Bahnhöfen im Saarland in Betrieb genommen.

Am Saarbrücker Hauptbahnhof gibt es schon seit Jahren Videoüberwachung. Nun hat die Bahn auch Kameras an vier kleineren Bahnhöfen im Saarland in Betrieb genommen.

Foto: dpa-Zentralbild/Z1004 Peer Grimm

Klaus Bouillon (CDU) wartet auf den Zug. Der saarländische Innenminister steht am Mittwoch an Gleis 1 des Bahnhofs in Dillingen. An einem Rednerpult aus Plexiglas. Die Deutsche Bahn startet an diesem Tag offiziell die Videoüberwachung der Station. Auch an den Bahnhöfen in Burbach, Friedrichsthal und St. Wendel sollen ab sofort Kameras für mehr Sicherheit sorgen. Der Minister will dazu eine kurze Rede halten. Doch am Bahnsteig steht der Regionalzug nach Niedaltdorf, Abfahrtszeit: 15.05 Uhr. Und der brummt so laut, dass Bouillon sein eigenes Wort kaum versteht.

Die Bahn und der Bund wollten bis 2023 gut 85 Millionen Euro für die Videotechnik an deutschen Bahnhöfen ausgeben. Zuletzt stockten sie diesen Betrag um weitere zehn Millionen Euro für 2017 und 2018 auf. Ende vergangenen Jahres gab es rund 7000 Kameras an 1000 Stationen. Im Saarland aber nur eine einzige Videoanlage: am Saarbrücker Hauptbahnhof. Mit älterer Technik. Dabei gehört Saarbrücken nach Einschätzung der Bundespolizei zu den Bahnhöfen der Kategorie zwei, „also der zweitgefährdetsten Kategorie“, so Joachim Moritz, Präsident der Bundespolizeidirektion Koblenz. Deshalb wird die Anlage 2019 modernisiert, zudem stark erweitert. Moritz spricht von einem Ausbau von 26 auf 71 Kameras.

Zunächst aber gehen die Kameras an den anderen vier Bahnhöfen in Betrieb. Ausgewählt wurden die Standorte von Bahn, Bundesinnenministerium und Bundespolizei. Die Installation der Anlagen habe „einen höheren sechsstelligen Betrag“ gekostet, so Jürgen Konz, der Konzernbevollmächtigte der Bahn für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Das Geld floss, weil das Saarland im November 2016 in ein Sofortprogramm zur Videoüberwachung kleiner Bahnhöfe aufgenommen wurde.

Diese frohe Botschaft verkündete Bouillon seinerzeit am Hauptbahnhof in Saarbrücken – gemeinsam mit dem damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Bouillon erinnert an dieses Datum auch in Dillingen, als die Bummelbahn weg ist. Der Christdemokrat kommt schnell in Fahrt. Er sagt: „Damals wurde das Thema Videoüberwachung noch kontrovers diskutiert.“ Bouillon gehört seit Jahren zu den Befürwortern der Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Als Vorsitzender der deutschen Innenministerkonferenz warb er auf Bundesebene für sie.

In Saarbrücken wollte der Minister auch 30 Kameras am Vorplatz des Hauptbahnhofes und zwei an der Johanneskirche in Betrieb nehmen lassen. Über das ins Stocken geratene Projekt in der Landeshauptstadt spricht Bouillon auch in Dillingen. Er habe im vorigen Jahr den Fehler gemacht zu sagen, im Herbst gehe es los. „Wir haben festgestellt, dass wir alle keine Ahnung hatten“, sagt der Minister nun. Er verweist auf eine Reihe technischer Probleme. Und erklärt, keinen Zeitplan bekannt geben zu wollen.

Dafür nutzt der Christdemokrat die Gelegenheit zu Seitenhieben  gegen Kritiker. „Erst ist der politische Gegner gegen eine Videoüberwachung“, sagt Bouillon: „Dann passiert was, und schon sind wir nicht schnell genug.“ Mehrfach wiederholt er einen Satz, den auch die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) gesagt hat: Kameras könnten Polizisten nicht ersetzen. Bouillon erwidert: „Kameras ersetzen hunderte Polizisten, in Deutschland tausende.“ So soll es nun auch in Dillingen sein, wo sechs Kameras aufzeichnen, was geschieht. Fünf Tage lang werden die Bilder gespeichert. Die Bundespolizei kann laut Bahn über eine verschlüsselte Datenverbindung auf die Aufnahmen zugreifen.

 Landtagsabgeordneter Raphael Schäfer (CDU, v.l.), Polizeipräsident Norbert Rupp, Dillingens Bürgermeister Franz-Josef Berg (CDU), Innenminister Klaus Bouillon (CDU), Jürgen Konz, Bahn-Konzernbevollmächtigter und Joachim Moritz, Präsident der Bundespolizeidirektion Koblenz.

Landtagsabgeordneter Raphael Schäfer (CDU, v.l.), Polizeipräsident Norbert Rupp, Dillingens Bürgermeister Franz-Josef Berg (CDU), Innenminister Klaus Bouillon (CDU), Jürgen Konz, Bahn-Konzernbevollmächtigter und Joachim Moritz, Präsident der Bundespolizeidirektion Koblenz.

Foto: Tobias Fuchs

Im Januar begann in der Industriestadt zunächst der Testbetrieb. Joachim Moritz von der Bundespolizei erinnert am Mittwoch an eine Meldung aus diesen Tagen: Eine 20-Jährige soll am Bahnhof Dillingen vergewaltigt worden sein, von drei Migranten, so hieß es. Eineinhalb Wochen später erklärte das Landespolizeipräsidium dann: Das Sexualdelikt sei mutmaßlich vorgetäuscht worden. Die Ermittler hatten zwei Zeugen befragt – und Videoaufnahmen aus den Kameras am Bahnhof ausgewertet. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Frau – wegen des Verdachts des Vortäuschens einer Straftat.

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