Veröden Ortskerne in Namborn?

St. Wendel/Namborn. Neubaugebiete für diejenigen, die sich auf einem eigenen Grundstück ein Haus errichten wollen - damit haben jahrelang Städte und Gemeinden ihre Wohngebiete vergrößert und auch Neubürger anwerben wollen. Doch jetzt bereiten die erschlossenen Neubaugebiete einigen Kommunen Sorgen. Die Nachfrage geht stets zurück. So beispielsweise in Namborn

St. Wendel/Namborn. Neubaugebiete für diejenigen, die sich auf einem eigenen Grundstück ein Haus errichten wollen - damit haben jahrelang Städte und Gemeinden ihre Wohngebiete vergrößert und auch Neubürger anwerben wollen. Doch jetzt bereiten die erschlossenen Neubaugebiete einigen Kommunen Sorgen. Die Nachfrage geht stets zurück. So beispielsweise in Namborn. Dort hat die Verwaltung sogar einen Makler beauftragt, der die Baustellen an Kunden bringen soll (wie berichtet). Durch diesen Schritt fühlt sich Wendelin Schmitt bestätigt. Der St. Wendeler Kreisvorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) und seine Verbandskollegen kritisierten seit langem, wie er erklärt, dass trotz zurückgehender Bevölkerungszahl in den vergangenen Jahren weitere Baugebiete erschlossen worden seien. "Mittlerweile sind angesichts der Landschaftszersiedlung, Verödung der Ortskerne und gewerblicher Leerstände flächensparende Alternativkonzepte der Dorferneuerung geboten." Schmitt bezweifelt darüber hinaus, ob ein "gigantisches neues Wohngebiet" auf dem St. Wendeler Lanzenberg noch nötig ist. Diese Pläne gingen "völlig am Bedarf der kommenden Jahre vorbei".Namborns Bürgermeister Theo Staub (SPD; Foto: Bonenberger) gibt dem Nabu-Kreischef zumindest in Teilen Recht, verweist aber auch auf die Erfolge seiner Gemeinde, wenigstens die Einwohnerzahl durch Neubürger in den zurückliegenden Jahren gehalten zu haben. Staub: "Wegzüge und Zuzüge halten sich zurzeit in etwa die Waage. 2009 sind bislang rund 350 weggegangen, aber auch genau so viele gekommen." Das habe die Kommune unter anderem auch über die Neubaugebiete erreicht.Trotzdem sei sowohl der Verwaltung als auch dem Gemeinderat bewusst, dass es ein Konzept angesichts des Bevölkerungsrückganges geben müsse. "80 Sterbefällen pro Jahr stehen 50 Geburten gegenüber. Das klafft auseinander", beschreibt Staub die Namborner Situation. Das werde mittlerweile auch in der Zahl der Leerstände sichtbar. Laut Staub zählt Namborn bei rund 3000 Haushalten 57 Leerstände. Das seien nur die offiziellen Angaben. Er selbst habe 104 ausgemacht. "Das ist dramatisch." Die Lage werde sich zuspitzen. Denn in 271 Häusern in der Gemeinde lebten zurzeit nur ein bis zwei über 70-jährige Personen. Staub: "Von diesen Gebäuden stehen in 15 Jahren viele leer. Da wird eine Häuserflut auf uns zukommen."Wie will Namborn dieses Problem bewältigen? Darüber werde sich der Gemeinderat 2010 eindringlich Gedanken machen müssen, kündigt der Bürgermeister an. Der Rat sei sich einstimmig einig, dass es keine neuen Baugebiete mehr geben solle. Die Baugrundstücke, die jetzt ein Makler verkaufen solle, lägen in Baugebieten, die auf Ratsbeschlüsse aus den 1980ern zurückgingen. Eine Patentlösung, wie die Gemeinde mit den schrumpfenden Einwohnerzahlen umgehen werde, verspricht Staub nicht. Um junge Familien werden, das müsse aber ein Bestandteil des Konzeptes sein. "Wir müssen den Menschen zeigen, dass wir eine gute Kindergarten- und Schulinfrastruktur haben und dass man bei uns in einer schönen Landschaft wohnt. Diese Lebensqualität müssen wir herausstellen." Namborn habe zudem "billige Miet- und Hauspreise" zu bieten. "Hier geht Altbestand für 30 000 Euro weg".Wie Namborns Vorteile beworben und Baustellen und Leerstände vermarktet werden sollen, damit die Ortskerne nicht veröden, müsse der Gemeinderat entscheiden. "Da wird eine Häuserflut auf uns zukommen." Namborns Bürgermeister Theo Staub (SPD) zum wachsenden Leerstand in den OrtskernenMeinung

Innen statt außen fördern

Von SZ-RedakteurMatthias Zimmermann Im Wettbwerb um Neubürger haben sich Kommunalpolitiker in Städten und Gemeinden gegenseitig darin übertroffen, billiges Bauland anzubieten. Bauland in aus dem Boden gestampften Wohngebieten in der Randlage der eigentlichen Zentren. Wohl wissend, dass mehr Menschen sterben, als neue zur Welt kommen. Dass ein Bauwilliger lieber nach eigenen Vorstellungen seine vier Wände plant, als ein vorhandenes Gebäude nach seinen Wünschen umzubauen, ist verständlich. Denn im Endeffekt kostet dieses Herumbasteln am Vorhandenen unter Umständen sogar noch mehr als ein Neubau. Das bedeutet: Der Erwerb von Leerständen in den Zentren muss gefördert werden, statt mit Billig-Bauland am Ortsrand zu locken. Nur so können die Gemeinden ernsthaft versuchen, der Verödung der Ortskerne entgegenzuwirken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort