Übergewicht ist das größte Problem

Welche Arten von Essstörungen gibt es und wie viele Menschen sind davon betroffen? Niethammer: In Deutschland sind etwa 600000 meist junge Menschen von einer Bulimie (Ess-Brech-Sucht) betroffen. Bekanntestes Beispiel war hier Lady Diana aus England. Etwa 100000 Menschen leiden an einer Anorexie (Magersucht)

Welche Arten von Essstörungen gibt es und wie viele Menschen sind davon betroffen?

Niethammer: In Deutschland sind etwa 600000 meist junge Menschen von einer Bulimie (Ess-Brech-Sucht) betroffen. Bekanntestes Beispiel war hier Lady Diana aus England. Etwa 100000 Menschen leiden an einer Anorexie (Magersucht). Die häufigste Essstörung ist das so genannte Binge Eating (Essattacken ohne anschließendes Erbrechen). Diese betrifft etwa zwei Prozent der Bevölkerung.

Das zahlenmäßig größte Problem ist natürlich das Übergewicht: 70 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen sind davon betroffen.

Welche Ursachen stehen hinter Essstörungen?*

Birnstiel: Bei den Essstörungen handelt es sich um Sucht-Mechanismen oder Abhängigkeit. Psychologisch steht hinter der Sucht immer eine stellvertretende Suche nach Beziehung, Liebe, Glück, Kontakt, Lust oder Zufriedenheit, die natürlich auf diesem Weg erfolglos bleibt. Die Notwendigkeit menschlicher Kontakte und oft auch die Anforderungen des Alltags leiden und werden missachtet. Bei den Essstörungen ist das Suchtmittel weniger die Nahrung, sondern die Beschäftigung mit Ernährung und dem eigenen Körperbild.

Welche Folgen resultieren aus Essstörungen?

Birnstiel: Bei allen chronisch gewordenen Essstörungen sind lebensgefährliche körperliche Schäden möglich, wie durch Unterernährung, Mangelernährung oder Fettleibigkeit. Die Folgen der Magersucht sind Muskelschwund, als Langzeitfolge Osteoporose (Knochenschwund mit dem Risiko erhöhter Knochenbrüchigkeit) und Unfruchtbarkeit. Fünf bis 15 Prozent der Betroffenen sterben, jedoch meist nicht durch eigentliches Verhungern, sondern durch Infektionen des geschwächten Körpers oder durch Suizid. Die Folgen des Übergewichts sind vielfältig, das Risiko für hohen Blutdruck, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Schlaganfall und Schäden am Bewegungsapparat steigt erheblich, dadurch reduzieren sich Lebensqualität und Lebenserwartung enorm.

Welche therapeutischen Möglichkeiten gibt es bei Essstörungen?

Birnstiel: Falsch ist auf jeden Fall, an den Symptomen selbst herumzudoktern. Essstörungen sind immer ernst zu nehmen. Psychotherapeutische Hilfe ist dringend angeraten.

Wie erkenne ich bei meinem Kind den Beginn eines veränderten Essverhaltens?

Niethammer: Hellhörig sollte man werden, wenn Kinder anfangen, Kalorien zu zählen, nicht mehr am gemeinsamen Essen teilnehmen, weil sie angeblich schon gegessen haben oder immer nach dem Essen in der Toilette verschwinden (um sich den Finger in den Hals zu stecken). Weitere Alarmzeichen sind eine rapide Gewichtsabnahme, extreme körperliche Betätigung und bei Mädchen das Ausbleiben der Monatsblutung.

Welche Strategien gibt es gegen Übergewicht?

Niethammer: Allgemeinrezepte sind natürlich viel Bewegung und sportliche Betätigung. Man sollte darauf achten, fettarm zu essen und dem entsprechend bewusst einzukaufen. Eltern sollten beachten, dass ihre Kinder nicht nur vor Computern und Fernsehern sitzen, sondern genügend Zeit draußen bei gemeinsamem Sport und Spielen verbringen.

Im Rahmen des Projektes "Völklingen lebt gesund" lädt die Volkshochschule Völklingen am heutigen Donnerstag um 19.30 Uhr, zu einem Vortrag im Alten Rathaus zum Thema Essstörungen ein.

 Bin ich dünn genug? Ein falsches Selbstbild erzeugt oft Essstörungen. Foto: dpa

Bin ich dünn genug? Ein falsches Selbstbild erzeugt oft Essstörungen. Foto: dpa

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