Finanzaffäre im Saar-Sport Mitarbeiterinnen wollen trotz Kündigung beim LSVS bleiben

Saarbrücken · Gerichte müssen sich mit Entlassungen beim Saar-Sportverband befassen.

 Gerichte befassen sich mit Kündigungen beim Saar-Sportverband. (Archivbild)

Gerichte befassen sich mit Kündigungen beim Saar-Sportverband. (Archivbild)

Foto: BeckerBredel

„Wir müssen jeden Fall einzeln betrachten“, sagte Richterin Bettina Zechner. Seit Monaten befasst sich das Saarbrücker Arbeitsgericht mit der Finanzaffäre beim Landessportverband (LSVS), die 44 Angestellte ihren Job kostete. Zechner hatte es am Dienstag mit zwei ganz unterschiedlichen Schicksalen von gekündigten Mitarbeiterinnen zu tun, obwohl beide Klägerinnen in der Gehaltsgruppe E 9 beschäftigt waren. Christine W. arbeitete seit April 1995 in Teilzeit in der Buchhaltung. „Ich dachte, ich hätte noch zwei Jahre bis zur Rente“, sagte die 61-Jährige, die auf Wiedereinstellung oder eine Abfindung von über 34 000 Euro geklagt hatte. Für LSVS-Anwalt Wolfgang Luckas eine Zahl, über die er nicht verhandeln konnte oder wollte. „Das muss noch mit den Gremien, dem Sanierungsbeauftragten und dem Vorstand besprochen werden“, sagte der Jurist. Die Chancen für die Klägerin stehen aber nach Einschätzung der Beobachter des Kammertermins durchaus gut.

Richterin Zechner hatte gleich zu Beginn der Verhandlung betont, dass „eine außerordentliche Kündigung von ordentlich nicht mehr kündbaren Mitarbeitern“ hohen gesetzlichen Hürden unterliege. Dies sei beispielsweise gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis „sinnentleert“ sei, sagte Zechner und nannte als Beispiel den „Heizer auf einer E-Lok“. Dadurch, dass der LSVS die gesamte Buchhaltung ausgelagert hat, ist der Arbeitsplatz von Christine W. nicht mehr vorhanden.

Doch versäumte es der Verband nach Auffassung des Gerichts, eine andere Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin zu finden. „Sie konnten nicht einmal andere Arbeitgeber anbieten. Sie haben nichts gemacht“, hielt Richterin Zechner der Arbeitgeberseite vor. Und sie legte nach: „Ich kann Ihnen nicht sagen, wie Sie ihren Verband führen. Aber alle in der Entgeltgruppe 9 zu kündigen, halte ich für – schwierig.“ Dabei gehört dieses Vorgehen zum Sanierungskonzept des LSVS. Auch eine Mitarbeiterin, die zu einem erheblichen Teil über Fördergelder finanziert wurde, verlor allein wegen dieser Eingruppierung ihren Job.

Bei W. soll ein Urteil am 25. April ergehen, wenn sich beide Seiten nicht noch einigen. Gleiches gilt für die Klage von Claudia G. Sie arbeitete seit 1981 an der Sportschule, nach eigenen Angaben als Büroleiterin des Saarländischen Turnerbundes. Angestellt war sie indes beim LSVS, der sie als Mitarbeiterin der Buchhaltung führte. G. wurde mittlerweile an die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) abgeordnet, könnte ab April wohl übernommen werden. Sie wäre damit eine von wenigen Gekündigten, denen eine Stelle vermittelt wurde. Aber: „Sie wird dort wie eine Auszubildende behandelt“, begründete Anwalt Stefan Müller die Klage auf Wiedereinstellung.

Kurios: Die alleinerziehende Mutter erledigt trotz Abordnung noch immer die Buchhaltung des Turnerbundes – als Minijobberin am Wochenende. „Für den Volksvertreter Meiser war Geld da. Ich habe gelesen, Sanierer Blank hat auch schon eine halbe Million Euro bekommen“, polterte Anwalt Müller. „Ich weiß nicht, wie man hier das Geld ausgibt bei der Beklagten.“

Da seine Mandantin allerdings eine neue Arbeitsstelle in Aussicht hat, stehen ihre Chancen eher schlecht. „Der LSVS wird nicht mehr die Buchhaltung der Verbände machen“, sagte Anwalt Luckas, „das ist ein für alle Mal vorbei.“ Die Richterin regte an, sich gütlich zu einigen. Mit einer Abfindung, die sich an der Länge eines Berufungsverfahrens orientiere – etwa einem halben Jahr. Christine W. hatte den Gerichtssaal erleichtert verlassen, die Mine von Claudia G. war versteinert: „Ich möchte dazu nichts sagen.“

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