"Tor zu Frankreich" oder Eigentor?

Saarbrücken. "Tor de France" heißt die zweiteilige Skulptur, die in diesem Jahr auf zwei Verkehrskreiseln im Quartier Eurobahnhof aufgestellt werden soll. Der Entwurf von Michael Sailstorfer war 2009 als Sieger aus einem Künstlerwettbewerb hervorgegangen, den die Kunstkommission der Landeshauptstadt empfohlen hatte

Saarbrücken. "Tor de France" heißt die zweiteilige Skulptur, die in diesem Jahr auf zwei Verkehrskreiseln im Quartier Eurobahnhof aufgestellt werden soll. Der Entwurf von Michael Sailstorfer war 2009 als Sieger aus einem Künstlerwettbewerb hervorgegangen, den die Kunstkommission der Landeshauptstadt empfohlen hatte. Stolz betonte damals der Kulturdezernent, dass die Stadt durch diese Einbeziehung von Experten bei Kunst-Projekten im öffentlichen Raum neue Maßstäbe anlegen will. Jetzt soll Saarbrücken noch ein Frankreich-Tor bekommen, einen Sandstein in Gestalt einer "geöffnete(n) Tür als Symbol der deutsch-französischen Freundschaft", genauer gesagt.Deutsche und französische Bürger sollen dafür Ende August mit Hammer und Meißel selbst zu Werke gehen und den Sandstein unter Anleitung eines Riegelsberger Bildhauers bearbeiten. Aufgestellt werden soll das 2,40 Meter hohe Werk im Deutsch-Französischen Garten (DFG), vor der Gulliverwelt, so will es der Saarbrücker Verein "denkwerk-stadt", der für seine Projektidee zum DFG-Jubiläum auch den nötigen Sponsor gefunden hat. Anders als bei den Kreiseln hat die Verwaltung die Entscheidung über das Projekt ganz allein getroffen, ohne vorher den Rat der Experten in der Kunstkommission zu suchen und ohne Wettbewerb. Nur der Denkmalschutz wurde konsultiert. Heute soll der Bezirksrat Mitte sein Votum abgeben, der bei allem, was in seinem Bezirk aufgestellt wird, ja oder nein sagen darf. Nächste Woche wird das Projekt dem Kulturausschuss vorgelegt: "zur Kenntnisnahme", am Dienstag erst durfte es die Kunstkommission kennenlernen. Diese reagierte nicht mit einhelliger Begeisterung. "Wenn ein Rohling von deutschen und französischen Bürgern behauen wird, wird er noch lange nicht zur Kunst und sollte deshalb nicht so herausgehoben platziert werden", sagt Monika Schrickel, Künstlerin und Kommissions-Mitglied. "Das Engagement des Vereins 'denkwerk-stadt' in allen Ehren, aber das hat mehr Werkstattcharakter und deshalb gehört es nicht in den DFG." Warum hat das Kulturamt die Kommission übergangen? Und das bei einer "Skulptur" für den Vorzeigepark der Stadt, die dort auch noch dauerhaft bleiben soll. "Es ist nicht geplant, das Kunstwerk nach dem Jubiläumsjahr zu demontieren", sagt Kulturdezernent Erik Schrader, auch wenn er der Skulptur mehr einen "Aktionscharakter" zugesteht. Ein Rückfall in alte Zeiten, als sich die Expertenkommission oft überflüssig, weil ignoriert, fühlte? Man habe lange überlegt, ob es sich bei dem Projekt um Kunst im öffentlichen Raum handle, um ein eigenständiges Kunstwerk, erklärt Schrader. Und man sei zu dem Entschluss gekommen, dass der "bürgerschaftliche Ansatz" im Vordergrund stehe. "Das bürgerschaftliche Engagement der 'denkwerk-stadt' hat ja auch einen gewissen Wert", meint Schrader. Das habe man als Amt würdigen wollen. Hätte man vorher darüber diskutieren und abstimmen lassen mit negativem Ergebnis, wäre der Schaden für Saarbrücken und künftiges Bürgerengagement höher gewesen. "Eine gewisse Freiheit (zu entscheiden) muss die Verwaltung letztlich selber haben", sagt Schrader. Schließlich habe die Kunstkommission nur beratende Funktion. Die aber hätte sie laut Schrickel denn auch gern wahrgenommen. "Denn uns geht es grundsätzlich um Qualität, um das Stadtbild insgesamt." "Wenn ein Rohling von deutschen und französischen Bürgern behauen wird, wird er noch lange nicht zur Kunst."Monika Schrickel, Mitglied der Kunstkommission

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