Tierschützer: frei laufende Katzen kastrieren

Völklingen. 42 000 Euro Tierarztkosten im vergangenen Jahr, überfüllte Pflegestellen für herrenlose Katzen: Der Tierschutzverein Völklingen ist an seinem Limit angekommen

 Herrenlose Katzen treiben sich auf einem Grundstück im Heidstocker Haldenweg herum. Foto: fertsch

Herrenlose Katzen treiben sich auf einem Grundstück im Heidstocker Haldenweg herum. Foto: fertsch

Völklingen. 42 000 Euro Tierarztkosten im vergangenen Jahr, überfüllte Pflegestellen für herrenlose Katzen: Der Tierschutzverein Völklingen ist an seinem Limit angekommen. Vorsitzende Heike Willié schrieb einen Brandbrief an Oberbürgermeister Klaus Lorig und fordert darin die Stadt auf, eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für frei laufende Katzen nach dem Vorbild der Stadt Paderborn einzuführen. Am kommenden Dienstag berät der Hauptausschuss des Völklinger Stadtrats in der Kulturhalle Wehrden öffentlich das brisante Thema. "Fundtiere zu versorgen, gehört zu den Pflichten der Städte und Kommunen", sagte gestern Heike Willié am Telefon. Darum habe der Tierschutzverein auch jährlich 3000 Euro Zuschuss von der Stadt bekommen, 2011 sogar als Sonderzuwendung 1000 Euro mehr. "Aber das reicht ja nicht mehr aus", klagt die Tierschützerin.Auch mit einer Unterkunft für die verwilderten Katzen wollte die Stadt bereits im Oktober dem Verein helfen. "Es steht ja so viel leer", sagt Willié, sie nehme gerne, was sie bekomme. Bisher jedoch habe die Verwaltung nichts Passendes gefunden. Und so sind die Verhältnisse, um es vornehm zu sagen, beengt wie eh und je. "Was glauben Sie, was an den eiskalten Wintertagen bei uns los war", sagt Willié.

Sie beobachtet ein verändertes, verantwortungsloseres Verhalten gegenüber Tieren: "Die Leute ziehen aus und lassen ihre Tiere sitzen." Neu sei auch das zunehmende "animal-hording", das Sammeln von Tieren, bis die Halter den Überblick verlieren und ihnen alles über den Kopf wächst. "Was ich schon an verflohten, zuurinierten Wohnungen gesehen habe", Willié schüttelt sich förmlich. Auch die finanzielle Verantwortung wollten viele nicht mehr übernehmen. Es kämen Besucher, die wünschten, dass der Tierschutzverein die Kastration oder Sterilisation ihres Tieres bezahle. Manche wollten auch Ratenzahlung vereinbaren. "Wenn tatsächlich die Raten bezahlt worden wären, hätte ich jetzt zwei Jahre finanziell Ruhe", sagt Willié.

Katzen haben zwei- bis dreimal jährlich bis zu fünf Junge, die im Folgejahr ihrerseits Nachwuchs haben - eine Katzenpopulation vervielfacht sich blitzschnell. Um dagegen anzukämpfen, lässt Willié alle abgegebenen oder eingefangenen Katzen kastrieren. Katzenbabys, die zu neuen Besitzer kommen, werden mit Kastrationspapieren für den Tierarzt ausgestattet, und es werde überprüft, dass sie tatsächlich operiert werden. "Wir haben einen Durchlauf von 250 bis 400 Katzen jährlich", sagt Willié.

Entschließt sich die Stadt tatsächlich, die Kastrationspflicht einzuführen, müssen die Halter alle Katzen und Kater ab dem Alter von fünf Monaten operieren und kennzeichnen lassen. "Das wird für viele ein Schock", vermutet Willié. Als Halter gilt auch, wer frei laufenden Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt. Im Gespräch habe Lorig signalisiert, dass er die Sache befürworte. "Er will versuchen, die Kastrationspflicht durchzusetzen", sagt Willié.

Auf einen Blick

Bisher sind weitere 75 Städte und Gemeinden in Deutschland dem Beispiel von Paderborn gefolgt und haben ihre Kommunalverordnungen geändert. Von A wie Aldenhoven in Nordrhein-Westfalen bis W wie Wildeshausen in Niedersachsen gilt die Kastrationspflicht für frei laufende Katzen, berichtet der Deutsche Tierschutzbund. Heike Willié, Vorsitzende des Völklinger Tierschutzvereins, hofft auf Signalwirkung für das Saarland, die von Völklingen ausgehen könnte. Außerdem spekuliert sie auf Klaus Lorigs Position als Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetags. "Wenn Lorig die Kastrationspflicht in Völklingen einführt, ziehen andere Städte nach", hofft sie. af

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