Tier und Pflanze unter der Lupe

Dudweiler/Reden. Rainer Ulrich macht es konkret: "Der Brombeer-Perlmuttfalter stammt eigentlich aus südlicheren Gefilden. 2004 haben wir ihn erstmals im Warndt entdeckt, 2005 im Bliesgau und 2006 auch im Kreis Neunkirchen." "Wir", das sind Mitglieder der Delattinia, der Arbeitsgemeinschaft für tier- und pflanzengeografische Heimatforschung im Saarland

 Delattinia, die Arbeitsgemeinschaft für tier- und pflanzengeografische Heimatforschung im Saarland, hat beim Zentrum für Biodokumentation in Reden ein neues Zuhause gefunden für Geschäftszimmer und Sammlungen. Die SZ war vor Ort. Von links: Vorsitzender Professor Rüdiger Mues, Dr.Harald Schreiber und Geschäftsführer Rainer Ulrich. Foto: Willi Hiegel

Delattinia, die Arbeitsgemeinschaft für tier- und pflanzengeografische Heimatforschung im Saarland, hat beim Zentrum für Biodokumentation in Reden ein neues Zuhause gefunden für Geschäftszimmer und Sammlungen. Die SZ war vor Ort. Von links: Vorsitzender Professor Rüdiger Mues, Dr.Harald Schreiber und Geschäftsführer Rainer Ulrich. Foto: Willi Hiegel

Dudweiler/Reden. Rainer Ulrich macht es konkret: "Der Brombeer-Perlmuttfalter stammt eigentlich aus südlicheren Gefilden. 2004 haben wir ihn erstmals im Warndt entdeckt, 2005 im Bliesgau und 2006 auch im Kreis Neunkirchen." "Wir", das sind Mitglieder der Delattinia, der Arbeitsgemeinschaft für tier- und pflanzengeografische Heimatforschung im Saarland. Biologen, aber auch interessierte Laien, die mit offenen Augen und wissenschaftlichem Antrieb in die Natur gehen, beobachten, festhalten, auswerten. Geschäftsführer und Schmetterlings-Experte Ulrich nennt den Brombeer-Perlmuttfalter als ein Beispiel, wie sich Klimawandel auf die Verbreitung von Tier- und auch Pflanzenarten auswirkt. Der Brombeer-Perlmuttfalter ist ein Gewinner. Wenn es wärmer wird, gewinnt er Raum nach Norden. Es gibt aber auch Verlierer. Ulrich: "Den Trauermantel, der früher in unserer Region häufig anzutreffen war, findet man heute kaum noch: Dem fehlt die knackige Kälte."

Die Delattinia, in deren Vorstand auch Dr. Erhard Dewes (Bibliotheksfragen) aus Dudweiler ist, feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag. Festakt war zugleich die Jahrestagung im November im Lampensaal des Zechengebäudes im ehemaligen Bergwerk Reden. Dort, beim Zentrum für Biodokumentation, hat der Verein saarländischer Naturforscher inzwischen ein neues Zuhause gefunden für seine Geschäftsstelle und seine Sammlungen. Und dort hat sich unsere Zeitung jetzt auch mit Vertretern der Delattinia getroffen, um einen Blick zurück, aber vor allem auch auf die Gegenwart und Zukunft zu werfen. Mit Stolz präsentierten dabei Professor Rüdiger Mues , der 1. Vorsitzende, Schatzmeister Dr. Harald Schreiber und Ulrich auch die "Rote Liste gefährdeter Pflanzen und Tiere des Saarlandes", im September dieses Jahres herausgegeben von der Delattinia und dem Ministerium für Umwelt. Gewichtig in der Hand und im Inhalt. Auf 571 Seiten sind 20 Tier- und Pflanzengruppen aufgenommen. Und maßgeblich haben die ehrenamtlichen Naturschützer der Delattinia mitgewirkt, über Jahre hinweg. "Wir sind auch dabei, wenn jetzt neue Gesamtdeutsche Roten Listen erstellt werden", schaut Professor Mues über die Landesgrenzen.

Um uns herum ungezählte Schränke. 1200 Schaukästen lagern in ihnen in Schubfächern, sagt Schreiber beim SZ-Ortstermin und zieht einige heraus. Fürs Bild des SZ-Fotografen auch Schmetterlinge aus den Tropen - die sind eindrucksvoll groß und farbenprächtig. Hier hat auch schon der Zoll nachgeschaut, ob es sich bei Fundstücken möglicherweise um geschützte Schmetterlinge handelt, hören wir.

Aber auch einheimische Schmetterlinge wählt Schreiber aus, zu denen er für die Saarbrücker Zeitung immer auch interessante Details zu erzählen hat. Die Weibchen der Frostspanner beispielsweise haben keine Flügel. Ihr Los: Sie warten, bis ein Partner angeflogen kommt. "Den Trauermantel findet man kaum noch: Dem fehlt die knackige Kälte."

Rainer Ulrich

Meinung

Schmetterlinge

im Kopf

Von SZ-Redakteurin

Claudia Emmerich

Mit Gummistiefeln, Regenschutz und zwanzigfacher Lupe raus in die Natur - für Moos-Experte Rüdiger Mues Beruf und Berufung. Wussten Sie, dass es allein im Saarland 607 Moosarten gibt? Berufung sind alle Naturexpeditionen der Delattinia-Mitstreiter. Ihr ehrenamtliches Engagement hat Wert, ja ist offensichtlich Notwendigkeit. Wissen über Flora und Fauna vor unserer Haustür ist schon verloren gegangen. Biologie-Lehrer Rainer Ulrich macht mit seinen Schülern gern einen Einstiegstest. Etwa mit der Frage: Zählt mir Schmetterlingsarten auf, die ihr kennt. Fünf, sagt Ulrich, kriegt die ganze Klasse vielleicht zusammen. Wir könnten alle mal so einen Test im Familien- oder Freundeskreis machen. Ob da mehr zusammenkommt? Schulklassen nach Reden zu den Sammlungen und dem Wissen der Delattinia zu bringen, könnte bei dem einen oder der anderen Interesse wecken und vielleicht sogar eigenen Forscherdrang. Früher - die Delattinia hatte ihren Sitz an der Universität - hat der Verein seinen Nachwuchs aus Biologie- und Biogeografie-Studenten geschöpft. Versiegt. Viele Mitglieder sind inzwischen älter als 60 Jahre. Also auch hier gilt: Nachwuchs gesucht.

Hintergrund

 Inzwischen auch in unserer Region heimisch: Der Brombeer-Perlmuttfalter. Foto: SZ/Delattinia

Inzwischen auch in unserer Region heimisch: Der Brombeer-Perlmuttfalter. Foto: SZ/Delattinia

Delattinia: Gegründet 1968 als "Arbeitsgemeinschaft für tier- und pflanzengeografische Heimatforschung im Saarland". Umbenannt 1981 in Delattinia nach Zoologie-Professor Gustaf de Lattin. Zurzeit zählt der Verein 325 Mitglieder und steht mit 47 Institutionen im Schriftenaustausch. Delattinia setzt sich zum Ziel, die Tier- und Pflanzenwelt des Saarlandes zu erfassen. Sie publiziert wissenschaftliche Abhandlungen, arbeitet an der Erstellung der Roten Liste bedrohter Tiere und Pflanzen mit. Sie betreut vereinseigene Sammlungen. Sie arbeitet mit Naturschutzverbänden und -behörden, vor allem dem Zentrum für Biodokumentation zusammen. Sie bietet Vorträge an, Tagesexkursionen, ist bei Kolloquien, Aktionstagen oder Ausstellungen dabei. Ziel: ein Naturkundemuseum am Standort Reden. cle

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