Streiter für einen "Grünen Wall im Westen"

Blieskastel. Es ist ein etwas diesiger Märznachmittag. Die Stimmung passt zu den Zielen, die angesteuert werden sollen: ehemalige Bunker der Befestigungsanlage Westwall. Zwischen 1936 und 1940 wurden im Auftrag Hitlers rund 20000 Bunker zwischen Kleve und Basel errichtet

 Wollen Bunker erhalten: Martin Lillig, Steffen Potel, Patrice Wijnands und Klaus Backes (von links).

Wollen Bunker erhalten: Martin Lillig, Steffen Potel, Patrice Wijnands und Klaus Backes (von links).

Blieskastel. Es ist ein etwas diesiger Märznachmittag. Die Stimmung passt zu den Zielen, die angesteuert werden sollen: ehemalige Bunker der Befestigungsanlage Westwall. Zwischen 1936 und 1940 wurden im Auftrag Hitlers rund 20000 Bunker zwischen Kleve und Basel errichtet. Allein auf dem Gebiet des heutigen Saarlands wurden rund 4000 Bunker, 60 Kilometer Höckerlinien und mehrere wassergefüllte Panzergräben angelegt. Auch im Waldgebiet zwischen Niederwürzbach und Alschbach standen viele Bunker und stehen noch deren Ruinen. Dorthin führt der Ausflug, zu dem Vertreter des BUND und des Vereins zur Erhaltung der Westwallanlagen eingeladen haben. Es sind Martin Lillig und Steffen Potel vom BUND Saar, Klaus Backes, Redakteur des Mannheimer Morgen, promovierter Historiker und erster Vorsitzender des Westwall-Vereins, sowie Patrice Wijnands. Der gebürtige Niederländer arbeitet als Vermessungsingenieur in Karlsruhe und hat schon als Junge seine Leidenschaft für die alten Bunker entdeckt. Das Ziel, die Erhaltung der Westwallanlagen, eint die Vier. Ihre Motive unterscheiden sich indessen etwas. Die Naturschützer wollen die Anlagen erhalten, weil sie wertvolle Biotope geworden seien. Militärisch hätten die Bunker und Panzersperren im Zweiten Weltkrieg nichts bewirkt. "Für die Natur hingegen entwickelten sie sich in den vergangenen Jahrzehnten zu Rettungsinseln in der intensiv genutzten Kulturlandschaft", so der BUND. Er kritisiert daher, dass auch im Saarland immer noch Westwallanlagen geschleift werden und fordert ein Moratorium zu deren Erhalt. "Der Natur soll der ehemalige Westwall als Grüner Wall, als engmaschiges Biotopverbundsystem, dauerhaft erhalten bleiben. Dem Menschen soll die ehemalige militärische Anlage in dreierlei Weise erlebbar gemacht werden: aus historischen, aus denkmalschützerischer und aus naturkundlicher Sicht", so die Naturschützer.Für Klaus Backes und Patrice Wijnands ist in erster Linie der historische und denkmalschützerische Wert der Westwallanlagen das Motiv, für ihren Erhalt zu kämpfen. Kopfschüttelnd zeigen sie Unverständnis für das Bundesfinanzministerium, das noch allerorten in Deutschland für viel Steuergeld Bunker knacken lässt, obwohl überall in den Kassen Ebbe herrsche. Dabei sei es meist nicht auszumachen, wer der Auftraggeber sei, Privatleute, die Kommune, der Forst? Das Argument Sicherheit lassen Backes und Wijnands nicht gelten. In den letzten 30 Jahren sei zwischen Kleve und Basel kein Unfall in Zusammenhang mit Bunkern passiert. "In anderen Ländern, zum Beispiel bei uns in den Niederlanden, werden die Bunker gepflegt und Besuchern zugänglich gemacht. Sie sind doch Teil der deutschen Geschichte, auch wenn viele davon nichts mehr wissen wollen", sagt Patrice Wijnands. Der nachmittägliche Ausflug zu den Bunkern erfordert nicht nur gutes Schuhwerk, sondern auch Geschicklichkeit und Unerschrockenheit. Da gilt es, durch enge Spalten zu kriechen und steile Durchgänge zwischen mächtigen Betonbrocken zu bewältigen. Die Innenräume, die viele Menschen wohl als düster und abstoßend empfinden würden, haben für Lillig, Potel, Backes und Wijnands ihren eigenen Reiz. Wände sind mit Moosen und Flechten bewachsen. Bizarre Salzausformungen, Stalaktiten und Stalagmiten, wachsen aus Böden und Decken. In einer Nische hat ein Vogel im Vorjahr sein Nest gebaut. Auch Füchse, Marder, Spitzmäuse und andere Säugetiere sowie Insekten, Spinnen, viele Vogelarten sowie Fledermäuse und Amphibien fänden hier Rückzugsräume, erklären die BUND-Mitarbeiter.

 Einer der einstigen Bunker bei Alschbach.

Einer der einstigen Bunker bei Alschbach.

 Patrice Wijnands zeigt einen "Einmann-Bunker". Fotos: SZ

Patrice Wijnands zeigt einen "Einmann-Bunker". Fotos: SZ

Auf einen Blick"Aus dem Westwall wird ein Grüner Wall im Westen" heißt das Projekt des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Saar. Ansprechpartner sind: Martin Lillig und Steffen Potel, Tel. (0681) 813700, E-Mail: bund.saarland@bund.net.Verein zur Erhaltung der Westwallanlagen, Ansprechpartner: Klaus Backes, Tel. (06359) 2628.

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