Streit um Grippeschutzimpfung für Kinder

Homburg/Saarbrücken · Um Grippewellen einzudämmen, fordern saarländische Kinderärzte eine umfassende Grippeimpfung. Die Krankenkassen zahlen die jedoch in der Regel nicht und verweisen auf die Vorgaben der Impfkommission.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) im Saarland hat den gesetzlichen Krankenkassen vorgeworfen, Grippeschutzimpfungen bei Kindern in der Regel nicht mehr zu bezahlen. "An der Gesundheit der Kinder zu sparen, ist ein völlig falsches politisches und gesellschaftliches Signal", sagte der BVKJ-Saar-Chef Karl Stiller der SZ. Eine umfassende Grippeschutzimpfung der Kinder sei notwendig. "Gerade Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen sind der Entstehungsraum für Grippewellen", stellte Stiller fest. Zudem würden kranke Kinder zum Einen ihre Eltern anstecken und zum Anderen müssten viele Eltern zu Hause bleiben um ihre Kinder zu pflegen. Die Kosten für die Arbeitgeber seien enorm.

Der BVKJ-Saar-Chef sieht die Kassen in der Pflicht, allen Kindern eine Grippeschutzimpfung zu ermöglichen. "Das ist eine soziale Aufgabe der Kassen", so Stiller. Doch die Kassen weigerten sich, die Kosten zu tragen. Diese Kritik weisen die gesetzlichen Krankenkassen jedoch zurück. Der Sprecher der AOK Rheinland-Pfalz Saarland, Jan Rößler, teilte der SZ mit, die AOK folge den Vorgaben der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (Stiko). Die Stiko empfehle nur für Kinder mit einer erhöhten Gesundheitsgefährung eine Grippeimpfung. Thomas Jochum, Sprecher der Techniker Krankenkasse (TK) in Saarbrücken, verweist auf die Landes-Impfempfehlung des Saar-Gesundheitsministeriums: Darin werde die Grippeimpfung ohne Einschränkung empfohlen. "Wir folgen dieser Empfehlung," sagt Jochum.

Inzwischen gibt es eine neue Impfmethode mit Nasenspray. Diese sei zwar teurer, aber bei Kindern unter sechs Jahren auch bedeutend besser: "Der nasale Impfstoff hat eine viel höhere Erfolgsquote", sagt Stiller. So müssten die Kinder nicht mehr mit Einwegspritzen geimpft werden, die oftmals grob gestanzte Nadeln hätten. Stiller empfiehlt die Impfung mit Nasenspray, "damit die Traumatisierung des Kindes möglichst gering ausfällt". Mit Einwegspritzen habe Stiller schlechte Erfahrungen gemacht: "Die Einwegspritzen muss man dem Kind regelrecht durch die Haut hauen."

Die Verwendung des schonenderen Impfsprays liege jedoch in der "Therapiehoheit des Arztes", sagt AOK-Sprecher Rößler. Das Nasenspray dürfe laut Hersteller bei Kindern mit bestimmten Krankheiten nicht benutzt werden. Die Impfung mit dem Nasenspray sei deutlich teurer, sagt TK-Sprecher Jochum. Aus medizinischen Gründen oder wenn ein Kind Angst vor Spritzen habe, werde auch die Impfung mit dem Nasenspray bezahlt. Die Barmer GEK zahlt für Kinder von zwei bis sechs Jahren das Impfspray, jedoch nur für den von der Stiko empfohlenen Patientenkreis.

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