Steuern hoch? - Dann gute Nacht!Kampf um Geld, das gar nicht da ist

Saarbrücken. Statt ihre Bürger und die Geschäftsleute immer mehr zur Kasse zu bitten, soll die Landeshauptstadt endlich anfangen, ernsthaft zu sparen. Das haben gestern Vertreter der Saarbrücker und der saarländischen Wirtschaft gefordert

Saarbrücken. Statt ihre Bürger und die Geschäftsleute immer mehr zur Kasse zu bitten, soll die Landeshauptstadt endlich anfangen, ernsthaft zu sparen. Das haben gestern Vertreter der Saarbrücker und der saarländischen Wirtschaft gefordert. Das Vorhaben der rot-rot-grünen Stadtratskoalition, die Gewerbe- und die Grundsteuer zu erhöhen und für Hotels eine Bettensteuer einzuführen, sei nicht gut für Saarbrücken."Die Stadt lebt seit Jahren deutlich über ihre Verhältnisse. Sie leistet sich zu viel Personal und ein weit überdimensioniertes Infrastrukturangebot", sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Saarland (IHK), Volker Giersch, gestern. Einsparungen seien insbesondere auch beim Personal nötig. Hier bestehe "auch ausreichender Spielraum". In den nächsten zehn Jahren scheiden nach IHK-Informationen durch Erreichen der Altersgrenze mehr als 400 der knapp 1700 Mitarbeiter aus. "Die Stadt sollte nur den kleineren Teil dieser frei werdenden Stellen wiederbesetzen. Wenn die Zahl der Einwohner und Steuerzahler kräftig sinkt, dann muss die Stadt mindestens proportional beim Personal sparen", fordert Giersch.Beim städtischen Personal sieht auch die Präsidentin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands im Saarland (Dehoga), Gudrun Pink, Sparpotenzial. "Man kann keine Arbeitsplatzgarantie fürs Rathaus abgeben, und wir müssen dann nachher unsere Leute entlassen", sagt sie. Zu Entlassungen werde es aber kommen, wenn die Unternehmen mit immer höheren Steuern belastet werden. Wobei die zwei Millionen Euro Bettensteuer ein besonders ärgerlicher Vorschlag sei.Mit dem Geld, dass den Hotels durch die Senkung der Mehrwertsteuer - vielleicht - mehr in der Kasse bleibe, soll die Möglichkeit zu Investitionen geschaffen werden. Das sei auch notwendig, um die Hotels überhaupt am Laufen zu halten. Eine Bettensteuer von den Hoteliers zu fordern sei so, als wenn man von Autohändlern, die von der Abwrackprämie profitieren, oder von Eltern, die etwas mehr Kindergeld bekommen, nun Geld für die Stadtkasse kassiere. "Es wird zu viel Geld an den falschen Stellen ausgegeben in dieser Stadt. Um diesen Systemfehler zu kaschieren, wird jetzt wieder versucht, mehr Geld zu kassieren. Gegen die Finanznot der Stadt hilft auch keine Neiddebatte. Das soll alles nur von den Versäumnissen der Politik ablenken", sagt Pink und fragt: "Brauchen wir so viele Dezernenten? Brauchen wir in bestimmten Ämtern so viele Leute? Wer hat da im Rathaus seine Hausaufgaben nicht gemacht?"Sparen statt kassieren"Man sollte nicht überlegen, wie man aus denen, die noch da sind, noch mehr Geld rausholt, sondern überlegen, wie man spart", rät auch Michael Genth, der Vorsitzende des Saarbrücker Vereins für Handel und Gewerbe. Man müsse sich wie in einer Familie an den Tisch setzen und überlegen, wie man mit dem Geld, das man hat, auskommt. "Ich wünsche mir da eine weniger emotional geführte Einspardiskussion", sagt er.Wenn Rot-Rot-Grün die Steuererhöhungen durchsetze, sei der Handel dreifach betroffen: durch Grund- und Gewerbesteuern direkt. Indirekt aber auch durch ein Schwinden der Kaufkraft. Die werde sinken, wenn Unternehmen Saarbrücken den Rücken kehren oder aufgeben müssen, die Arbeitslosigkeit steige. Und auch der arbeitende Bürger werde weniger Geld in der Tasche haben.Das befürchtet auch Kai Werner, der Landesvorsitzende des Mieterbunds. Was die Ratsmehrheit vorhat, sei "eine Katastrophe". Die Erhöhung der Grundsteuer treffe die Mieter "volle Pulle". Und das, wo eh ständig Nachzahlungen wegen Energiekosten kommen.Sie haben acht Jahre lang immer wieder Sparvorschläge gemacht. Kaum sind Sie nicht mehr im Amt, legt nun Oberbürgermeisterin Charlotte Britz das größte Saarbrücker Sparpaket aller Zeiten vor. Sind Sie traurig, dass sie ausgerechnet jetzt den Job gewechselt haben?Frank Oran: Trauer kommt bei mir nicht auf. Ich verfolge die Diskussion mit Interesse und warte mit Spannung darauf, für welche der Vorschläge der Stadtrat mutige Entscheidungen trifft.2002 haben sie versucht, das Freibad Dudweiler zu schließen. Ohne Erfolg. Ihre eigene Partei hat Sie gestoppt. Nun werden Charlotte Britz und der neue Finanzdezernent Ralf Latz ebenfalls von der eigenen Partei ausgebremst. Ist das ein naturgegebenes Schicksal aller Spar-Politiker?Oran: Schicksalhaft ist vielmehr, dass hier Verteilungskämpfe um Geld stattfinden, das sowieso nicht vorhanden ist. Sparen ist im politischen Raum leider immer noch unpopulär. Reizt es Sie, nun als Manager in der freien Wirtschaft, als Feierabendpolitiker irgendwann wieder in die Saarbrücker Kommunalpolitik einzusteigen, etwa für den Stadtrat zu kandidieren? Oder sind Sie erstmal froh, dem entkommen zu sein?Oran: Ich möchte zurzeit ungern in die Fußstapfen von etlichen Vorgängern im Ruhestand treten. Ich habe noch viel Zeit zu überlegen, wie ich mich nutzenstiftend in die notwendigen Entwicklungen unserer Stadt einbringen kann.

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