Kommunalaufsicht St. Ingberter OB droht die Entmachtung

Saarbrücken/St. Ingbert · Die Kommunalaufsicht will einen Staatskommissar einsetzen, weil der Rathaus-Chef Stadtratsbeschlüsse nicht umsetzt.

 Hans Wagner wurde 2011 zum Oberbürgermeister von St. Ingbert gewählt. Das Tischtuch zu seiner früheren Partei, der CDU, ist zerschnitten.

Hans Wagner wurde 2011 zum Oberbürgermeister von St. Ingbert gewählt. Das Tischtuch zu seiner früheren Partei, der CDU, ist zerschnitten.

Foto: BeckerBredel

Die Aufgaben der Bürgermeister oder Oberbürgermeister sind im Gesetz klar geregelt: Sie leiten die Verwaltung, bereiten die Beschlüsse des Gemeinde- oder Stadtrates vor und führen diese aus. Ob der parteilose St. Ingberter Oberbürgermeister Hans Wagner alle seine gesetzlichen Aufgaben erfüllt, daran gibt es seit Jahren Zweifel. Regelmäßig bearbeitet die Kommunalaufsicht des Landes, die ihren Sitz praktischerweise direkt neben dem St. Ingberter Rathaus hat, Beschwerden über den eigenwilligen Oberbürgermeister.

Ein Schreiben der Kommunalaufsicht, datiert auf den 30. August, ist nun der vorläufige Höhepunkt der Auseinandersetzung. Die Kommunalaufsicht richtet darin eine brisante Drohung an Wagner: die Bestellung eines Beauftragten, im Volksmund „Staatskommissar“ genannt. Es geht um drei Stadtratsbeschlüsse, die zum Teil schon mehrere Jahre alt sind und bisher nicht umgesetzt wurden.

Die Möglichkeit, einen Beauftragten zu bestellen, sieht das Gesetz als letztes Mittel vor, wenn alle anderen Maßnahmen nicht ausreichen, „um den geordneten Gang der Gemeindeverwaltung zu sichern“. Es wäre eine Entmachtung Wagners. Er bliebe zwar OB, aber der vom Land eingesetzte Beauftragte würde die drei Stadtratsbeschlüsse auf Kosten der Stadt umsetzen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine solche brisante Androhung ergeht, ohne dass der Innenminister dafür seinen Segen gegeben hat.

In dem Schreiben, das der SZ vorliegt, setzt die Kommunalaufsicht Wagner eine Frist: Er muss sich bis zu diesem Freitag äußern. Die einzige Möglichkeit, die Einsetzung des Beauftragten abzuwenden, wäre, die Umsetzung der Beschlüsse zu versprechen – und den Worten dann auch Taten folgen zu lassen.

Im Einzelnen geht es um den Beschluss zum Einbau eines Innenaufzuges in der Stadthalle vom 20. Mai 2014, den Beschluss zum Abriss der ehemaligen Tischtennishalle vom 12. März 2015 sowie den Beschluss vom 16. Februar 2017 mit der Weisung an Wagner, in der Gesellschafterversammlung der stadteigenen GGE mbH für die Verlängerung des Mietvertrages für das Eventhaus zu stimmen. Diese Beschlüsse waren von der Stadtrats-Koalition aus CDU, Familienpartei und Grünen sowie der Gruppierung „Wir für St. Ingbert“ gefasst worden.

Schon seit Jahren ist das politische Klima in St. Ingbert eisig. Die Front verläuft zwischen den genannten Ratsfraktionen, die im Juli Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Wagner eingereicht hatten, und dem Oberbürgermeister. Wagner war einst Christdemokrat. Später überwarf er sich mit seinem Vorgänger als OB, Georg Jung (CDU), und wechselte zur Familienpartei. Dieser gehört der ehemalige Rohrbacher Ortsvorsteher mittlerweile aber auch nicht mehr an.

Es wird mit harten Bandagen gekämpft: Dem St. Ingberter CDU-Chef Pascal Rambaud, der auch ehrenamtlicher Bürgermeister ist, wollte der OB nachweisen, dass er seinen Lebensmittelpunkt gar nicht in St. Ingbert hat, mithin nicht rechtmäßiges Mitglied des Stadtrates ist. Das Oberverwaltungsgericht wies 2016 eine Klage Wagners in dritter Instanz zurück.

Wagner, der gestern nicht zu erreichen war, hatte bereits im Juli 2016 in einer Erklärung dargelegt, warum er bei der im März 2015 beschlossenen Abriss der Tischtennishalle nicht tätig geworden ist: „Genau wie beim Thema Innenaufzug Stadthalle können nicht einfach Bauarbeiten beauftragt oder Bagger bestellt werden, wie es sich anscheinend einige bautechnisch unerfahrene Stadträte vorstellen.“ Die Tischtennishalle sei auch für die Unterbringung von Flüchtlingen sinnvoll.

Die Kommunalaufsicht kam in dem Schreiben an Wagner zu dem Schluss, dass sich der OB trotz rechtlicher Verpflichtung beharrlich weigere, die Beschlüsse des Stadtrates umzusetzen. Wagner habe sein Verhalten nicht geändert, obwohl er in allen in Rede stehenden Angelegenheiten durch die Entscheidun­gen der Kommunalaufsicht umfassend auf die geltende Rechtslage und auf mögliche Dienstpflichtverletzungen hingewiesen worden sei.

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