"Sprache ist Voraussetzung für Integration und Chancengleichheit"

Entwickeln Kinder, die von Anfang an zweisprachig erzogen werden, zwei Muttersprachen?Inglesa: Bei einer gut bedachten zweisprachigen Erziehung ist es durchaus möglich, über zwei Muttersprachen zu verfügen

Entwickeln Kinder, die von Anfang an zweisprachig erzogen werden, zwei Muttersprachen?Inglesa: Bei einer gut bedachten zweisprachigen Erziehung ist es durchaus möglich, über zwei Muttersprachen zu verfügen. Wenn etwa Mutter und Vater unterschiedliche Muttersprachen haben und mit dem Kind parallel zwei Sprachen sprechen Eine weitere Methode stellt die Trennung von Familiensprache und Umgebungssprache dar, das heißt zu Hause wird Italienisch gesprochen, in der Stadt Deutsch.

Gibt es eine stärkere und eine schwächere Sprache?

Inglesa: Die Ausbildung der starken und schwachen Sprache hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Maßgebend hierbei sind einerseits Art und Zeitpunkt der jeweiligen Spracherlernung, andererseits die Intensität des Sprachgebrauchs. Hinzu kommen emotionale, soziale und persönliche Gründe für das Bevorzugen einer Sprache.

Worin sehen Sie die Gründe für den überproportional hohen Anteil sprachgestörter Kinder ausländischer Herkunft im Saarland? Wie schwierig ist es, mehrsprachig aufzuwachsen und welche Sprachstörungen können auftreten?

Inglesa: Im Prinzip sehe ich den hohen Anteil sprachgestörter Kinder nicht-deutscher Muttersprache nicht als regionales Problem. Sowohl aus bildungspolitischer Sicht als auch für die Praxis ist dies im gesamten Bundesgebiet ein Brennpunktthema, was uns auch zukünftig beschäftigen wird. Man sollte die Präventionsarbeit in Bildungs-

einrichtungen weiterhin intensivieren, um frühzeitig sprachgestörte Kinder zu erkennen. Ein günstiger beziehungsweise ungünstiger Verlauf einer Zwei- und Mehrsprachigkeitserziehung hängt von vielen Faktoren ab. Wenn eine Therapienotwendigkeit nicht rechtzeitig erkannt wurde, unterliegt ein Kind einer längeren und komplexen Störungsdauer.

Wie wichtig ist Sprache für Integration und Chancengleichheit?

Inglesa: Die Sprachkompetenz ist als Grundvoraussetzung für Integration und Chancengleichheit zu sehen. Bereits im Kindergarten fördert gemeinsame Sprache und gemeinsames Spielen störungsfreie Kommunikation. Daher ist eine regelmäßige Teilnahme am Kindergartenalltag unbedingt erforderlich.

In Neunkircher Kindergärten untersuchen Sie seit einigen Jahren die Sprachentwicklung von Kindern. Was haben Sie hierbei beobachtet?

Inglesa: Ein Großteil der zwei- und mehrsprachigen Kinder im Vorschulalter zeigt bereits Sprachdefizite in der Erstsprache auf. Daher ist es erforderlich, die vorliegende Sprachentwicklungsverzögerung in der Muttersprache zu beheben, um mit besseren Erfolgschancen die Zweitsprache Deutsch behandeln zu können. Die Kompetenz in der Muttersprache ist die Basis für das Erlernen der Zweitsprache.

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