Sie pfeifen immer seltener von den Dächern

St. Ingbert/Saarbrücken. Die Spatzen pfeifen immer seltener von den Dächern in der Region. Der Haussperling, wie der Spatz korrekt heißt, gehört zu den bekanntesten Vogelarten in Deutschland. Geschätzte 40 000 bis 80 000 Brutpaare gibt es im Saarland. Doch die vermeintlich hohe Zahl täuscht. Der Spatz steht auf der Vorwarnliste zur Roten Liste der Brutvögel des Saarlandes

St. Ingbert/Saarbrücken. Die Spatzen pfeifen immer seltener von den Dächern in der Region. Der Haussperling, wie der Spatz korrekt heißt, gehört zu den bekanntesten Vogelarten in Deutschland. Geschätzte 40 000 bis 80 000 Brutpaare gibt es im Saarland. Doch die vermeintlich hohe Zahl täuscht. Der Spatz steht auf der Vorwarnliste zur Roten Liste der Brutvögel des Saarlandes.

Ulrich Schmidt ist seit 30 Jahren Vogelkundler und Zweiter Vorsitzender der Ortsgruppe Saarbrücken im Naturschutzbund Deutschland (NABU). Er schätzt, dass der Sperlingsbestand im Saarland in den vergangenen 25 Jahren um 20 Prozent zurückgegangen ist. Ein bundesweiter Trend: zwischen 20 und 50 Prozent liege der Rückgang in Deutschland. Den traurigen Spitzenplatz hat Hamburg inne. Hier beträgt der Einbruch satte 85 Prozent. Aber auch in Großstädten wie Köln und München gibt es massive Rückgänge. Gründe dafür sind zunehmender Nahrungsmangel und fehlende Nistmöglichkeiten. "Der Spatz lebt in den Siedlungen des Menschen. Doch seit Jahren nimmt hier die Kleintierhaltung ab. Hier fanden die Spatzen einen Großteil ihrer Nahrung. Wo früher Tauben, Ziegen, Kaninchen und Hühner gehalten wurden, stehen heute Ziergärten", sagt Ulrich Schmidt. Saßen früher im Winter noch viele Spatzen in seinem Futterhaus, so hat er sie nun schon seit Jahren nicht mehr dort gesehen.

Der 14 bis 16 Zentimeter große Singvogel mit dem kräftigen Schnabel nistet vorwiegend an Häusern und unter Dächern. Weil viele Häuser saniert und wärmeisoliert werden, findet er keine Nischen und Höhlen mehr an den glatten Fassaden und geschlossenen Dächern für seinen Nestbau.

Zu wenig Wissen über Vögel

Christoph Braunberger, Ornithologe im Zentrum für Biodokumentation im Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz, war an der Erstellung der Vorwarnliste beteiligt. "Heute gibt es im Regionalverband Siedlungen, die spatzenfrei sind", sagt er. Am St. Johanner Markt, am Staden und um den Saarbrücker Zoo gibt es dagegen noch größere Populationen. Braunberger würde gern mehr Aufklärung starten, doch fehlten ihm die Kapazitäten. "Viele Schüler können aus dem Stegreif zehn Automarken nennen, aber keine drei einheimischen Vogelarten." Und Umweltschutz sei für viele kein vorrangiges Thema. Zwar könne sich der Spatz in Städten von Krümeln und Essensresten ernähren, doch für die Brutaufzucht brauche er Insekten. Bis zu 250 Mal füttere ein Spatz am Tag seine Jungen, so Braunberger.

Insekten gibt es dort, wo es grünt und blüht. Doch die meisten Grünflächen in den Gemeinden seien kostengünstig und möglichst pflegeleicht angelegt. "Gärtnerisches Grün", wie Braunberger es nennt. Dabei würden schon mehr Brachflächen helfen. Doch die gelten oft als Unkrautflächen. In Saarbrücken sei der Bürgerpark ein gutes Beispiel. Zwar würden sich viele Anwohner beschweren, dass hier die Pflege ein wenig vernachlässigt werde, doch genau das komme den Spatzen zugute. Hier wüchsen viele einheimische Pflanzen. Kein besonderes Thema ist der Spatz für die Stadt Saarbrücken. Elisabeth Streit, Leiterin des Amts für Klima- und Umweltschutz, verschafft sich gerade einen Überblick darüber, welche Vogelarten in der Stadt leben. Ergebnis: Innerhalb des Stadtgebiets leben 65, in der Innenstadt neun verschiedene Arten. Ein Schutzprogramm für den Sperling sei nicht geplant. Artenschutz stoße bei vielen nur auf begrenztes Interesse. Und keiner wolle beispielsweise auf die Liegewiesen am Staden verzichten.

Nisthilfen selber bauen

Wer dem Spatz helfen will, kann zum Beispiel Spatzenreihenhäuser aufstellen. Dort können zwei Spatzenpaare brüten. Auf der Internetseite der Deutschen Wildtierstiftung (DWS) können sie bestellt oder die Bauanleitung heruntergeladen werden. Für den eigenen Garten empfiehlt Ulrich Schmidt heimische Bäume, Hecken, dichte beerentragene Sträucher anzupflanzen. Blühende Pflanzen wie bodenbedeckende Rosen oder Lavendel locken Insekten an, die der Spatz für seine Jungen braucht.

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