Seit 30 Jahren der Platz der Plätze

Saarbrücken. Helmut Schmidt hielt viele Worte nicht für angebracht. Zum einen hatte er an jenem 1. Mai 1979 in Saarbrücken gerade erst eine große Rede zum Tag der Arbeit gehalten, zum anderen war klar: Die Leute wollten feiern. Und so beschränkte sich der Bundeskanzler auf "drei Sätze", wie er gleich klarstellte

Saarbrücken. Helmut Schmidt hielt viele Worte nicht für angebracht. Zum einen hatte er an jenem 1. Mai 1979 in Saarbrücken gerade erst eine große Rede zum Tag der Arbeit gehalten, zum anderen war klar: Die Leute wollten feiern. Und so beschränkte sich der Bundeskanzler auf "drei Sätze", wie er gleich klarstellte. Er lobte, gratulierte und sagte dann den entscheidenden Satz: "Ich erkläre die Fußgängerzone Johanner Markt für eröffnet." Das "Sankt" hatte sich der Bundeskanzler gespart. Dabei sprachen einige im Publikum schon von Saarbrückens "teurem Pflaster", weil die Sanierung des Marktes rund fünf Millionen Mark gekostet hatte.

Oberbürgermeister Oskar Lafontaine ging zwar etwas mehr ins Detail, kam aber dann auch zum Punkt: "Es gebbt gefeiert." Zuvor bedankte er sich bei seinem Baudezernenten Günter Niedner und dem städtischen Diplom-Ingenieur Hans Stolpe sowie allen, die dafür gesorgt hatten, dass jetzt gefeiert werden konnte. Und das waren vor allem engagierte Saarbrücker Bürger.

1975 hatten zwar alle Stadtratsfraktionen grünes Licht für den Umbau des Marktes gegeben. Die Idee war zu diesem Zeitpunkt aber schon fast zehn Jahre alt. Als 1967 ein Gestaltungsgutachten für den Karstadt-Neubau entwickelt wurde, brachten Architekten bereits die Umwandlung des St. Johanner Marktes als Fußgängerzone ins Gespräch. 1972 erklärte die Stadt den Bereich zum Sanierungsgebiet.

Ende April 1973 wurde dann aber die Bahnhofstraße in eine Fußgängerzone verwandelt. Nach vier Wochen wurde der Versuch abgebrochen. Wegen - wie es damals in der SZ hieß - zweimal täglich "Verkehrschaos" wurde die Straße wieder für den Verkehr freigegeben. Das Experiment hatte aber gezeigt, dass viele Saarbrücker grundsätzlich schon eine Fußgängerzone haben wollten.

1974 gründeten 25 Maler, Bildhauer, Fotografen, Grafiker, Architekten und Schriftsteller die Arbeitsgemeinschaft Bildender Künstler (ABK) unter anderem mit dem Ziel der "Erhaltung, Weiterentwicklung und Humanisierung der Altstadt St. Johanns, insbesondere der zu schaffenden Fußgängerzone". Daraus gründete sich eine Arbeitsgemeinschaft Fußgängerbereich Saarbrücken (AFS), die den Auftrag bekam, einen Gestaltungsrahmenplan zu entwickeln und ihn dann auch umzusetzen. Die Stadtverwaltung kümmerte sich um Ausschreibung, Vergabe, Bauüberwachung, Abrechnung und Gesamtkoordination.

In der Folge wurde nicht nur viel gefeiert auf dem Markt. Es gab auch immer Konflikte. Wegen des Lärms zum Beispiel.

Zuletzt sorgte die Ankündigung einer so genannten Gestaltungssatzung für Ärger. Die Stadt will darin unter anderem vorschreiben, welche Schirme und Stühle die Wirte auf den Markt stellen dürfen, um ein einheitliches Erscheinungsbild zu bekommen. Dagegen gab es massiven Protest der Gastronomie.

Lösungen gesucht

Vom Tisch ist die Richtlinie aber noch nicht, wie Stadtpressesprecher Thomas Blug am Mittwoch auf Anfrage bestätigte. Die Richtlinien "befinden sich derzeit in der verwaltungsinternen Abstimmung", sagt er. Und: "Oberbürgermeisterin Britz ist an einer Lösung gelegen, die auch den Bedürfnissen der Händler und Wirte gerecht wird. Wir haben die Anregungen und Bedenken der Gastronomie und des Einzelhandels aufgenommen und prüfen zurzeit, wie diese berücksichtigt werden können."

 Die offizielle Einweihung der Fußgängerzone St. Johanner Markt am 1. Mai 1979, vorne von links: Oberbürgermeister Oskar Lafontaine, die rote Lilo, Bundeskanzler Helmut Schmidt. Foto: Wunderlich

Die offizielle Einweihung der Fußgängerzone St. Johanner Markt am 1. Mai 1979, vorne von links: Oberbürgermeister Oskar Lafontaine, die rote Lilo, Bundeskanzler Helmut Schmidt. Foto: Wunderlich

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