Schmitt verlässt die FDP-Fraktion

Saarbrücken. Etwa eine Minute dauerte gestern Nachmittag im Büro des FDP-Fraktionschefs im Saar-Landtag die Sitzung der liberalen Fraktion. Es war wohl die letzte Sitzung, in der diese fünf Parlamentarier gemeinsam an einem Tisch saßen

Saarbrücken. Etwa eine Minute dauerte gestern Nachmittag im Büro des FDP-Fraktionschefs im Saar-Landtag die Sitzung der liberalen Fraktion. Es war wohl die letzte Sitzung, in der diese fünf Parlamentarier gemeinsam an einem Tisch saßen. Fraktionschef Christian Schmitt, seit knapp einem Jahr im Amt, eröffnete die Sitzung und gab eine persönliche Erklärung ab: "Mit sofortiger Wirkung trete ich als Vorsitzender der Fraktion zurück." Dann schloss er die Sitzung und es folgte angeblich noch ein letzter Satz an die Adresse seiner vier erstaunten Noch-Parteifreunde Wirtschaftsminister Christoph Hartmann, Fraktionsvize Horst Hinschberger, Landtagsvizepräsident Karl-Josef Jochem und Christoph Kühn: "Alles Weitere werdet ihr von mir hören." Schmitt packte anschließend seine zum Abtransport bereits vorbereiteten persönlichen Sachen und verließ den Landtag.Gegenüber unserer Zeitung begründete Schmitt seinen überraschenden Schritt mit illoyalem Verhalten einzelner FDP-Parlamentarier gegenüber den Jamaika-Koalitionspartnern, Querschüssen gegen den Koalitionsvertrag und Intrigen gegen seine Person. "Ich habe eine andere Vorstellung von Politik. Mir geht es um die Sache. Diese FDP-Fraktion ist nicht teamfähig." Dort arbeite offenbar "jeder gegen jeden". Er zielte dabei insbesondere auf seinen Vorgänger, den amtierenden Vizefraktionschef Horst Hinschberger, und in dessen Gefolge auch auf den bereits als neuen Fraktionschef auserkorenen Christoph Kühn. Schmitt weiter: "Ich will aber keine schmutzige Wäsche waschen. Ich pflege einen anderen Politikstil."

Wie zu erfahren war, soll Kühn - hinter Schmitts Rücken - bereits seine Vorstellungen geäußert haben, welchen Dienstwagen er als neuer Fraktionschef fahren möchte. Konkret ging es um einen Audi A 6, dessen Kosten ermittelt werden sollten. Dies bestreitet Kühn: "Ich wollte lediglich - wie jedes Jahr - einen Wagen über die Fraktion bestellen, den ich aber privat bezahle." Hinschberger beteuerte zudem: "Wir stehen ohne Wenn und Aber zu Jamaika. Die Fraktion rückt jetzt noch enger zusammen."

Schmitt kündigte im Gespräch mit unserer Zeitung an, dass er in den nächsten Tagen aus der FDP austreten werde und als unabhängiger Abgeordneter im Landtag arbeiten werde. Wörtlich sagte er: "Ich stehe zum Koalitionsvertrag und sehe mich in der Verantwortung gegenüber der Landesregierung. Annegret Kramp-Karrenbauer macht einen guten Job."

Nach Schmitts überraschendem Rückzug verständigten sich, so die Angaben von Hinschberger, die vier verbliebenen Liberalen einstimmig darauf, in einer Sondersitzung am nächsten Montag Kühn zum Fraktionsvorsitzenden zu küren. Angeblich war geplant, dass in der gestrigen Runde die Modalitäten für einen Führungswechsel besprochen werden. Schmitt hatte wiederholt erklärt, er klebe nicht an seinem Amt. Mit dem Rücktritt, über den vorab wenige Vertraute informiert waren, kam er internen Kritikern zuvor. FDP-Landeschef Oliver Luksic erreichte kurz vor 15 Uhr im Bundestag der telefonische Notruf aus der Saarbrücker Fraktion. Er zeigte sich von der Entscheidung Schmitts "überrascht und ebenso erstaunt". CDU-Fraktionschef Klaus Meiser erklärte, die Koalition werde "sicherlich nicht dadurch gestärkt, wenn es Personalquerelen in der FDP gibt". Er geht davon aus, dass die "in der Sache gute Zusammenarbeit mit der FDP" unter einer neuen Führung wie bisher fortgesetzt werde.

FDP belastet Koalition

Von SZ-RedakteurPeter Stefan Herbst

Die FDP Saar zerlegt sich weiter selbst. Nach Horst Hinschberger ist jetzt mit Christian Schmitt der zweite Fraktionsvorsitzende in dieser Legislaturperiode im offenen Streit zurückgetreten. Sein angekündigter Austritt aus Partei und Fraktion schwächt die FDP und sorgt für neue Querelen.

Hinter den Kulissen war offenbar auch versucht worden, den als Parteichef zurückgetretenen Wirtschaftsminister Christoph Hartmann und Gesundheitsminister Georg Weisweiler zu ersetzen. Hartmann sollte wieder auf den Fraktionsvorsitz abgeschoben werden.

Diese innerparteiliche Revolution ist wohl nach den überraschend guten Umfragewerten beim letzten SR-Saarlandtrend gescheitert. Die Partei bleibt dennoch instabil und eine Belastung für Koalition und Regierung.

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