Sanierungskur für die Orgel

Großrosseln. Die Empore der Großrosseler Pfarrkirche St. Wendalinus hat sich in eine Baustelle verwandelt: Ausgebaute Pfeifen stehen in Reih und Glied, Handwerkskoffer sind griffbereit, Maschinenlärm schallt durch das Gotteshaus. Am Dienstag spielte die Orgel das letzte Mal

Großrosseln. Die Empore der Großrosseler Pfarrkirche St. Wendalinus hat sich in eine Baustelle verwandelt: Ausgebaute Pfeifen stehen in Reih und Glied, Handwerkskoffer sind griffbereit, Maschinenlärm schallt durch das Gotteshaus. Am Dienstag spielte die Orgel das letzte Mal. Bereits einen Tag zuvor begann die Bliesransbacher Orgelbaufirma Schömer mit den vorbereitenden Arbeiten zur Sanierung. Wegen des Schmutzes, erklärt Geschäftsführer Dietmar Schömer, lässt sich das Instrument nicht mehr richtig stimmen. Orgeln in Grubengebieten, weiß der Experte, sind besonders dreckig. Wird die Kernspalte der Pfeifen durch Staub verengt, kann sich der Ton nicht mehr entfalten.Die Reinigung ist bei unserem Besuch in vollem Gange. Sie läuft im Prinzip nicht anders als zuhause: Mit Lappen, Bürste und Pinsel geht's dem Dreck an den Kragen. Parallel beginnt die eigentliche Sanierung: Ein neuer Motor ersetzt die uralten Maschinen zur Winderzeugung, der Spieltisch wird überholt. Es geht auch um die Sicherheit. Veraltete Elektrik, erklärt Verwaltungsratsmitglied Hans-Jürgen Godel, birgt Brandgefahr. Ein Beispiel: Die Registermagnete - auch sie werden ausgetauscht - standen ständig unter Strom.

"Die Intonation ist der schwierigste Teil der Arbeit", so Orgelbauer Schömer. Nach der Reinigung wird jede Pfeife einzeln bearbeitet. Die Suche nach dem Originalton ist eine Kunst für sich. Schömer verzichtet auf Messgeräte, er vertraut seinem Gehör. Jede der 2683 Pfeifen wird mehrmals durch seine Hände gehen. Die kleinste misst gerade mal vier Millimeter, das größte Exemplar ist 5,30 Meter lang.

Ein erfolgreicher Orgelbauer braucht viele Talente. Eines, verrät Schömer, muss er allerdings nicht können: Orgel spielen! Aber es schadet natürlich nichts. Schömer selbst beherrscht das Instrument. Nach der Renovierung, versichert er, bietet sich ein breiteres Klangspektrum. Dann kann auf der Wendalinus-Orgel auch französische Romantik gespielt werden. Mitte Dezember soll die 59 000 Euro teure Sanierung abgeschlossen sein.

Bevor der Orgel wieder Leben eingehaucht wird, stehen allerdings noch Putzarbeiten an. Bei größeren Flächen kommt der Staubsauger zum Einsatz. Leider ist es im Hauptwerk nicht so geräumig wie zuhause. Andreas Ganz rutscht über den Boden und muss sich ganz schön krumm machen, um die Stöcke zu reinigen. Als er wieder hervorkriecht, zeigt sich seine stattliche Größe. Die 1,92 Meter, berichtet der Handwerker, haben aber auch Vorteile: Ganz kann Arbeiten im Stehen erledigen, für die andere eine Leiter brauchen.

Auf einen Blick

Teile der Kirchenorgel St. Wendalinus in Großrosseln sind über 80 Jahre alt. Das Instrument wurde 1929 gebaut und im Krieg beschädigt. Im Jahr 1965 erfolgte eine grundlegende Renovierung, zwölf Register wurden weiter verwendet. Heute verfügt das Instrument über 36 Register, drei Manuale, Pedal und Schleifladen mit elektrischer Traktur. Die Sanierungskosten muss die Pfarrei alleine schultern, ein Spendenkonto wurde eingerichtet. Kontakt: Hans-Jürgen Godel, Telefon (0 68 98) 4 12 70. tan

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