Sanfte Waldriesen sind über 200 Jahre alt

St. Ingbert. Seit dem 25. Juni sind die "Alten Buchenwälder Deutschlands" Teil des Weltnaturerbes. Der Grumsiner Forst in Brandenburg, der Nationalpark Kellerwald-Edersee in Hessen, der Nationalpark Jasmund und der Müritz-Nationalpark in Mecklenburg-Vorpommern sowie der Nationalpark Hainich in Thüringen gehören jetzt zu dem Unesco-Projekt

 Förster Bodo Marschall kann den Stamm der alten Buche nicht annähernd umfassen. Der Stamm hat einen Durchmesser von über einem Meter und steht am neuen Grenzsteinweg. Foto: Evelyn Schneider

Förster Bodo Marschall kann den Stamm der alten Buche nicht annähernd umfassen. Der Stamm hat einen Durchmesser von über einem Meter und steht am neuen Grenzsteinweg. Foto: Evelyn Schneider

St. Ingbert. Seit dem 25. Juni sind die "Alten Buchenwälder Deutschlands" Teil des Weltnaturerbes. Der Grumsiner Forst in Brandenburg, der Nationalpark Kellerwald-Edersee in Hessen, der Nationalpark Jasmund und der Müritz-Nationalpark in Mecklenburg-Vorpommern sowie der Nationalpark Hainich in Thüringen gehören jetzt zu dem Unesco-Projekt. Alles ziemlich weit weg, mag man im ersten Moment denken. Doch alte, schützenswerte Buchenwälder gibt es auch direkt vor der Haustür in St. Ingbert.Die Wälder um die Mittelstadt herum bestehen zu 50 Prozent aus Buchen. Betrachtet man den St. Ingberter Norden (von der Spieser Mühle über Schüren, Schnappach bis hin zum Nassauer Graben) so bildet dort das Buchenaltholz, das 160 Jahre und älter ist, eine Fläche von immerhin 1,1 Millionen Quadratmetern - das sind umgerechnet zirka 150 Fußballplätze. Im Wald bei Schüren findet sich einer der größten zusammenhängenden Bestände alter Buchen im Saarland. "Wir haben in St. Ingbert qualitativ hochwertige Wälder", sagt Förster Bodo Marschall und verweist darauf, dass es in dem Baumbestand auch einen großen Anteil an Buchen gibt, die älter als 200 Jahre sind.

Die Aufnahme der Alten Buchenwälder auf die Liste der Unesco erachtet der St. Ingberter Förster als sehr wichtig: "Diese geschützten Gebiete sind ein wunderbarer Beobachtungsraum, der uns zeigt, wie die Natur funktioniert." Der große Unterschied zwischen den geschützten Naturparks und St. Ingbert ist der, dass die Wälder der Mittelstadt wirtschaftlich genutzt werden. Früher sei in den Wäldern radikaler Kahlschlag betrieben worden, bei dem ganze Flächen abgeholzt wurden. Seit etwas mehr als 20 Jahren habe ein Umdenken eingesetzt.

"Holz ist der modernste Rohstoff, den es gibt: Er wächst nach, lässt sich gut bearbeiten und ist recycelbar", sagt Marschall. Deshalb müsse man das Holz nutzen. Aber ebensowichtig sei der Schutz der biologischen Vielfalt. Aus diesem Grund gibt es keinen Kahlschlag mehr, sondern es werden einzelne Bäume für die Wirtschaft genutzt. Darüber hinaus gehört es zum Konzept von Saarforst, dass die natürlichen Entwicklungsphasen im Waldzugelassen werden. "Deshalb gibt es an vielen Stellen im Wald Totholz, das auf dem Boden liegt." Was auf den Spaziergänger zunächst unordentlich wirken mag, ist wertvoll für das Gleichgewicht im Wald. Eine Buche kann bis zu 300 Jahre alt werden. Ihr Absterbeprozess zieht sich in der Regel über Jahrzehnte hin. In dieser Zeit bricht mal ein Ast ab oder die Versorgung mit Feuchtigkeit ändert sich - all diese Prozesse bieten vielen Lebewesen einen Lebensraum. Bis zu 10 000 Tierarten hat man in einem intakten Buchenwald nachweisen können. "Ziel ist es, dass auf der Fläche von einem Hektar rund 100 Festmeter Totholz stehen bleiben", sagt Marschall. Die Förster seien sich ihrer Verpflichtung gegenüber kommender Generationen bewusst und betreiben ein sensibles Handwerk. Dazu gehört auch, dass die Waldarbeit während Brutzeiten stark zurückgefahren wird. "Wir haben die Natur beobachtet und von ihr gelernt", so Marschall.

Wer mit offenen Augen durch den Wald geht, der wird die Vielfalt junger und alter Buchen deutlich erkennen können. Die Bäume mit guter Holzqualität, die einen hohen Nutzen für die Wirtschaft haben, werden geschlagen und solche, die kleine Löcher oder Risse haben, bleiben stehen. Denn diese Bäume sind ökologisch betrachtet die wertvolleren. Hier können Spaltenbrüter wie der Gartenrotschwanz oder Spechte als Höhlenbrüter einen Unterschlupf finden. "Wirtschaftliche Nutzung des Waldes und dessen Schutz müssen gleichrangig nebeneinander stehen", betont Marschall.

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