Wegen Teilnahme an Chemnitzer Demo Saar-Unternehmer laden AfD-Chef aus

Saarbrücken · Der Spitzenverband will mit Josef Dörr wegen dessen Auftritt in Chemnitz nichts zu tun haben.

Josef Dörr (rechts) in der ersten Reihe: Gemeinsam mit Thüringens AfD-Vorsitzendem Björn Höcke (links) und Pegida-Gründer Lutz Bachmann (links hinter Dörr) nahm der Saar-AfD-Chef an einem „Trauermarsch“ in Chemnitz teil.

Josef Dörr (rechts) in der ersten Reihe: Gemeinsam mit Thüringens AfD-Vorsitzendem Björn Höcke (links) und Pegida-Gründer Lutz Bachmann (links hinter Dörr) nahm der Saar-AfD-Chef an einem „Trauermarsch“ in Chemnitz teil.

Foto: AP/Jens Meyer

Die Teilnahme des AfD-Landesvorsitzenden Josef Dörr an einer Kundgebung nach der tödlichen Messerattacke auf einen Deutschen in Chemnitz am Samstag hat ein Nachspiel. Dörr und sein Fraktionskollege Rudolf Müller wurden vom Geschäftsführer der Vereinigung der Saarländischen Unternehmerverbände (VSU), Joachim Malter, telefonisch vom Parlamentarischen Abend der VSU am Montagabend ausgeladen.

Dörr hatte mit weißer Rose in der Hand in der ersten Reihe neben AfD-Größen wie Björn Höcke und dem Gründer des islamfeindlichen Pegida-Bündnisses, Lutz Bachmann, demonstriert. Ein Iraker und ein Syrer sind tatverdächtig, den 35-Jährigen erstochen zu haben (wir berichteten). Dörr betonte, bei der Veranstaltung habe es sich um einen Trauerzug gehandelt. Ob dies ein offener Schulterschluss mit Pegida sei, den die AfD bislang ausgeschlossen hatte, könne er nicht beurteilen. „Ob da eine Zusammenarbeit ist und wie die gestaltet ist, kann ich nicht beurteilen. Das ist zu weit weg von uns hier“, meinte er. Um die Veranstaltung nicht zu politisieren, sei vorab beschlossen worden, keine Parteizeichen wie Fahnen zu tragen. „So konnte ich nicht sehen: Ist der Mitglied der AfD, ist das ein einfacher Bürger aus Chemnitz oder ist der von einer anderen Organisation?“, sagte Dörr. „Ich empfinde es so, dass man mit Pegida nicht zusammenarbeiten soll.“ Zu der Kundgebung hatte die AfD Sachsen gemeinsam mit Pegida aufgerufen. Dörr sagte, er kenne Lutz Bachmann nicht, habe aber mitbekommen, dass er anwesend war.

Dass die von den Teilnehmern getragenen weißen Rosen als Affront verstanden werden könnten, da sie das Symbol für die Widerstandsgruppe um die Geschwister Scholl sind, sei ihm am Samstag nicht bewusst gewesen. „Ich kenne die weiße Rose als Zeichen der Trauer.“

VSU-Geschäftsführer Joachim Malter bestätigte der SZ: „Ich habe ihn gebeten, nicht zu kommen.“ Im Telefonat, bei dem auch Rudolf Müller zu Wort kam, seien Äußerungen gefallen, wonach Kanzlerin Angela Merkel Schuld am Mord in Chemnitz sei. Diese Äußerung sei „unter der Gürtellinie“, sagte Malter: „Irgendwann muss man als Demokrat sagen: Hier hört es auf.“ Auch VSU-Präsident Oswald Bubel erklärte: „Mitglieder der saarländischen AfD-Fraktion haben im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen in Chemnitz erkennen lassen, dass sie Nähe zu Kreisen suchen, die wir nicht mehr zum demokratischen Spektrum zählen. Damit haben sie eine rote Linie überschritten. Auf dieser Basis sehen wir keine Grundlage für einen Austausch mit den Repräsentanten der AfD. Die Gesinnung und das Menschenbild, das die AfD vertritt, sind uns fremd. Dem wollen wir keine Bühne bieten.“

Die AfD-Fraktion entgegnete, Dörr habe lediglich von seinem Recht Gebrauch gemacht, an einer genehmigten Demonstration teilzunehmen. Das Verhalten der VSU sei ein „Armutszeugnis“, sagte Dörr. „Für mich ist das völlig unverständlich und nicht akzeptabel, dass ein Unternehmerverband hingeht und Politiker aus einem Landesparlament auslädt.“ Müller legte nach: „Ohne die Merkel-Politik würde dieser Mann noch leben!“ Er äußerte den Verdacht, „bestimmten Leuten“ sei es daran gelegen, „ein Heer von Arbeitslosen hereinzuholen, aus denen man dann die billigsten herausziehen kann“. Die Fraktion teilte schriftlich mit, nicht der Tod eines Menschen werde thematisiert, sondern die „angebliche Fremdenfeindlichkeit eines Großteils der sächsischen Bevölkerung“. Hiergegen zu demonstrieren, sei legitim.

Die Teilnahme Dörrs an der Kundgebung hat auch bei den übrigen Fraktionen für Diskussionen gesorgt. „Jetzt ist jedem Saarländer deutlich geworden, wo Herr Dörr steht: rechts neben Höcke“, sagte der SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn. Bei der Veranstaltung habe es sich nur vordergründig um einen Trauermarsch gehandelt. In Wahrheit sei es darum gegangen, rechtspopulistisches Gedankengut zu verbreiten. Er sprach sich für einen veränderten Umgang mit der AfD im Landtag aus. „Manche Anträge sind so grottenschlecht, dass ich eigentlich eine Behandlung im Plenum nicht rentiert.“

Zustimmung kam vom Koalitionspartner: „Ich glaube, wir haben in der Vergangenheit häufig den Fehler gemacht, dass wir zu sehr über die AfD geredet haben, ihr einen viel zu großen Stellenwert mit ihren Aussagen mit ihren Themen gegeben haben“, sagte der CDU-Fraktionsvize Bernd Wegner. Er forderte die AfD im Saarland auf, deutlich zu sagen, wofür sie stehe. „Man regt sich zurecht über den Todesfall auf, aber über das Verfolgen von Ausländern ist man ruhig. Das kann so eigentlich nicht sein.“ Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte, der Sozialstaat müsse wieder hergestellt werden, um den Rechtsradikalismus zu stoppen.

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