Assyrische Christen im Saarland Assyrer wollen IS-Terror bezeugen

Saarlouis/Karlsruhe · Assyrische Christen im Saarland, die 2015 monatelang in der Hand von IS-Terroristen waren, bieten deutschen Ermittlern ihre Zeugenschaft an.

 Assyrische Christen, die nicht ins Ausland geflohen sind, feiern mit ihrer Fahne das Neujahrsfest in Tal Arboush in Nordsyrien.

Assyrische Christen, die nicht ins Ausland geflohen sind, feiern mit ihrer Fahne das Neujahrsfest in Tal Arboush in Nordsyrien.

Foto: picture alliance/ASSOCIATED PRESS/AP Content

Die assyrischen Christen im Saarland können die derzeitige Debatte um die Strafverfolgung von IS-Terroristen aus Syrien, die in Deutschland geführt wird, nicht verstehen. Denn unter den wenigen hundert aus ihrer Heimat geflohenen Assyrern, von denen die meisten im Raum Saarlouis leben, sind viele, die die Brutalität und Grausamkeit der IS-Terroristen in Syrien am eigenen Leibe zu spüren bekommen haben. „Im Februar 2015 haben die IS-Terroristen unsere Dörfer am Charbour-Fluss überfallen und 250 Geiseln genommen“, sagte der Chef des Assyrischen Kulturvereins Saarlouis, Charli Kanoun, jetzt der SZ. Diese Christen seien von den IS-Terroristen erst nach Wochen freigelassen worden, nachdem der Bischof von Al-Hasseke das vom IS geforderte Lösegeld von 50 000 Dollar pro Geisel bei den auf der ganzen Welt verstreuten Assyrern gesammelt und an die islamistischen Geiselnehmer übergeben habe, berichtete Kanoun. 21 der freigelassenen Geiseln kamen durch eine humanitäre Aktion, bei der der jetzige Saar-Justiz-Staatssekretär Roland Theis (CDU) die Fäden mit in der Hand hielt, ins Saarland.

„Wir Assyrer fordern die Anklage der deutschen IS-Kämpfer in der Bundesrepublik und notwendige Ermittlungen zur Abwehr terroristischer Anschläge In Deutschland“, betonte Kanoun. Statt die deutschen IS-Terroristen mit Doppelpässen an der Rückkehr in ihre deutsche Heimat zu hindern, müssten diese vor deutschen Gerichten angeklagt werden, sagte Kanoun. Und zwar nach den Paragrafen des Völkerstrafgesetzbuchs: „Wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“, so der Kulturvereinschef.

Die christlichen Assyrer seien Opfer der IS-Terroristen und verstünden nur schwer die zögerliche Haltung der Bundesregierung. Kanoun kritisierte den Vorschlag, den IS-Terroristen, die sich derzeit in Gefangenschaft kurdischer Verbände befinden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen und sich „damit kurzsichtig eines Problems zu erledigen, das eine große Bedrohung für Deutschland bleibt“, sagte Kanoun.

Bis heute könnten die assyrischen Christen nicht in die 2015 vom IS überfallenen Dörfer in Nord-Syrien zurückkehren, da jetzt Kurden die Dörfer besetzt hielten. „Nur noch wenige Assyrer, meist alte und kranke Menschen und solche, die sich eine Flucht nichts leisten konnten, blieben in den ehemals blühenden christlichen Dörfern zurück“, erklärte Kanoun.

Kanoun bot dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe und der Bundesjustizministerin an, dass die saarländischen Assyrer als Zeugen der IS-Verbrechen zur Verfügung stünden. Die ehemaligen IS-Geiseln seien bereit, mit den deutschen Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten.

 Charli Kanoun vom assyrischen Kulturverein im Saarland

Charli Kanoun vom assyrischen Kulturverein im Saarland

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„Andere von uns Assyrern leben und arbeiten weiterhin in Syrien. Sie kennen die Situation und die Personen, die als islamistische Terroristen, auch deutsche, in Syrien ihr Unwesen trieben und sie wissen auch um die Unterstützer im Hintergrund“, erklärte Kanoun. Die Assyrer in Syrien berichteten, dass etwa 1800 aus Europa stammende Terroristen in Gefängnissen in Syrien durch die Kurden festgesetzt seien. „Darunter sind an die 100 Personen, die aus Deutschland stammen“, so Kanoun. Jetzt ist Kanoun gespannt, ob die Strafverfolgungsbehörden auf das Angebot eingehen. Zumindest die Saar-Staatsanwaltschaft müsste von Amts wegen Ermittlungen aufnehmen, meinen Justiz-Insider.

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