Ruf nach mehr Sport in der Schule

Saarbrücken · Bei Parteien und Verbänden im Saarland gibt es einen Konsens darüber, dass sich die Kinder in der Schule mehr bewegen sollen. Ob aber die dritte Sportstunde der richtige Weg dorthin ist, daran scheiden sich die Geister.

Die Rufe nach einer Ausweitung von Sport und Bewegung an saarländischen Schulen werden lauter. Eine Umfrage der SZ bei allen Landtags-Parteien und der FDP hatte schon vor geraumer Zeit ergeben, dass die Wiedereinführung der dritten Sportstunde bei allen auf prinzipielle Zustimmung stößt. Unterschiedliche Meinungen gibt es allerdings dazu, wie mehr Sport und Bewegung zu organisieren ist.

Hintergrund der Diskussion ist der Ausbau des Ganztagsunterrichts. Die Schüler kommen immer später nach Hause, und es bleibt nach der Schule nicht mehr so viel Raum für Aktivitäten in Sportvereinen. Der Chef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Peter Balnis, plädiert daher für drei Stunden qualifizierten Sportunterricht pro Woche. Ferner fordert er eine "tägliche Bewegungszeit" bis Klasse 6.

Ähnlich sieht man das beim Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV). Dessen Landeschef Herbert Möser rät allerdings dazu, die Bewegungsphasen in der Grundschule in den Unterricht zu integrieren. In den weiterführenden Schulen sei dagegen eine verpflichtende dritte Sportstunde nötig, die in der Stundentafel auszuweisen sei.

Die weitestgehenden Forderungen erheben der Chef des Landessportlehrerverbandes, Georg Wydra, und Linken-Fraktionsvize Barbara Spaniol. Sie plädieren dafür, die dritte Sportstunde auch in der Grundschule als festen Bestandteil des Unterrichts auszuweisen und ihn durch Fachlehrer statt durch den Klassenlehrer abhalten zu lassen. Wydra verweist darauf, dass Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) als Oppositionspolitiker selbst die dritte Sportstunde gefordert habe. Leider seien die sportlich-musisch-kulturellen Schulfächer zurückgedrängt worden, weil sie auf dem Arbeitsmarkt als nicht verwertbar gelten würden.

Ulrich Commerçon sieht das indes entspannter. Er verweist darauf, dass es die dritte Sportstunde in der Grundschule "durch die erteilten Förderunterrichtsstunden und die einzulegenden Bewegungsphasen" faktisch schon gebe. Im weiterführenden Bereich sei zwar "noch Bedarf" da. Daher werde man an den Ganztagsschulen dort "die verlässliche dritte Sportstunde gewährleisten", so Commerçon. Bei den Gymnasien jedoch, die als Halbtagsschulen organisiert sind, sehe er keine Möglichkeit, zusätzliche Sportstunden einzuführen, betonte der Minister.

Wydra geht davon aus, dass die formalisierte dritte Sportstunde nicht durchsetzbar ist. Daher plädiert er für längere Pausen, die mehr Raum für Sport schaffen. Bisher werde viel Unterrichtszeit für Sport dafür verwendet, dass die Schüler die Sportstätten aufsuchten, sich umzögen und dann Gerätschaften aufbauten. Wenn das in die Pausen verlegt würde, fände effektiv mehr Sportunterricht statt, hofft Wydra.

In eine ähnliche Richtung denkt Kurt Bohr, Chef des Landesturnerbunds, der die dritte Sportstunde für nicht finanzierbar hält. Er ist dafür, den Vormittagsunterricht in Richtung 14 Uhr auszudehnen, um Raum zu gewinnen für eine Rhythmisierung des Unterrichts, die mehr Bewegungszeiten zuließe. Dafür benötige man nicht unbedingt Sportlehrer. In Frage kämen auch Ehrenamtler sowie Leute, die die Arbeitsverwaltung im Rahmen der Bürgerarbeit entsende.

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