Rollstuhl-Testfahrerin bleibt im Kiesbett stecken

Großrosseln. Schon bevor Anette Hoffmann das erste Hindernis auf dem Rollstuhlparcours vor der Rosseltalhalle nehmen will, muss Alexandra George eingreifen. "Auch eine kleine Stufe niemals mit Anlauf nehmen, sonst könnten Sie nach vorne aus dem Rollstuhl kippen", erklärt sie

Großrosseln. Schon bevor Anette Hoffmann das erste Hindernis auf dem Rollstuhlparcours vor der Rosseltalhalle nehmen will, muss Alexandra George eingreifen. "Auch eine kleine Stufe niemals mit Anlauf nehmen, sonst könnten Sie nach vorne aus dem Rollstuhl kippen", erklärt sie. Also nochmal: Langsam bis zur Kante rollen und dann mit einem Ruck die etwa drei Zentimeter hohe Stufe nehmen, danach geht es eine leichte Steigung hinauf. Auch hier zeigt sich, dass Hoffmann - sie ist Referatsleiterin im Gesundheitsministerium - sonst nicht Rollstuhl fährt. Sie macht beim Rollstuhlparcours mit, den der Sozialverband VdK Großrosseln im Rahmen seiner Infoveranstaltung "Mehr Lebensqualität im Alter" am Sonntag für Nicht-Behinderte vorbereitet hat, damit sie sich in den Alltag eines Rollstuhlfahrers versetzen können. Zurück zu Hoffmanns Rollstuhlfahrt: Nachdem sie am Anfang der Steigung die Rollstuhlräder ungleichmäßig bewegt hat, hat sich das Gefährt gleich schräg gestellt. Der zweite Versuch klappt besser, Aufsicht George rät nur: "Nicht am Reifen greifen, sondern an den Metallringen." Das nächste Hindernis ist die Wippe. "Da soll ich jetzt drüber?", fragt Hoffmann zunächst unsicher, macht sich dann aber an die Aufgabe. Auch hier ist sie versucht, wieder Anlauf zu nehmen, lässt sich von den Fachleuten aufhalten. Ein kurzer Schreck, als die Wippe kippt, doch auch diese Situation meistert die Christdemokratin aus dem Saarbrücker Stadtteil Bübingen ebenso wie die folgende seitliche Schräge. "Auf eine solche Situation treffen Rollstuhlfahrer zum Beispiel, wenn ein Bordstein schräg ist", erklärt Uwe Prior, der Vorsitzende des Großrosseler VdK-Verbandes, der gleichzeitig auch Behindertenbeauftragter der Gemeinde ist. Als unüberwindlich erweist sich das Kiesbett, hier kommt Hoffmann nur mit Georges Hilfe raus. Auch bei der Tür ist Hilfe notwendig, die Stufe auf das Hindernis ist hier doppelt so hoch - in etwa halb so hoch wie ein normaler Bordstein. "Geübte Fahrer können die kleinen Vorderräder anheben", erklärt George. Alle anderen brauchen Hilfe, damit der Rollstuhl nicht kippt. Die Tür zu öffnen, durchzufahren und wieder zu schließen, ist Fleißarbeit. "Und jetzt stellen Sie sich mal vor, ein Faulenzer (automatische Schließapparatur) zieht die Tür immer wieder zu, während Sie durch wollen", wirft Prior ein.Wenige Meter später ist der Parcours bewältigt. "Man braucht viel Übung und Unterstützung", resümiert Anette Hoffmann. Den saarländischen Kommunen empfiehlt sie, jeden verfügbaren Cent in die Barrierefreiheit zu stecken. al

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