Fast zwölf Jahre nach Suspendierung Richter feuern Polizeibeamten

Saarlouis · Das Urteil gegen einen 45-Jährigen, der seit fast zwölf Jahren bei vollen Amtsbezügen suspendiert ist, bestätigte nun das Oberverwaltungsgericht.

 In der Polizeiinspektion in Alt-Saarbrücken am Ludwigsplatz war der Obermeister zuletzt beschäftigt.

In der Polizeiinspektion in Alt-Saarbrücken am Ludwigsplatz war der Obermeister zuletzt beschäftigt.

Foto: Ute Kirch

Michael Bitz, Präsident des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) und Vorsitzender des Disziplinarsenats, hat gestern deutliche Worte in seiner kurzen Urteilsbegründung an die Adresse des Noch-Beamten S. (45) aus dem Saarpfalzkreis gesprochen. Als Polizist habe er „schwere Dienstvergehen“ begangen und dadurch „das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit verloren“. Der OVG-Senat bestätigte dann ausdrücklich das bereits vor einem Jahr gefällte Urteil der ersten Instanz, gegen das Berufung eingelegt worden war. Polizeiobermeister S. wird „aus dem Dienst entfernt“. Auf der Richterbank saßen neben drei Profi-Richtern eine Beamtin und ein Polizeihauptkommissar als Schöffen. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ließ der Senat nicht zu.

Das Urteil setzt einen Schlusspunkt im spektakulären Fall des 1991 in den Polizeidienst eingestellten Vaters einer heute 13 Jahre alten Tochter. Seit Ende Juni 2006, also vor fast zwölf Jahren, ist er offiziell bei vollem Gehalt (rund 2000 Euro netto monatlich) vom Dienst suspendiert. Konkreter Anlass war damals ein Haftbefehl gegen ihn wegen diverser Drogendelikte. Er wurde in seiner Dienststelle am Saarbrücker Ludwigsplatz, wo er als Streifenbeamter eingesetzt war, festgenommen. In seinem Spind fanden die Fahnder noch eine kleine Menge Haschisch. Von Untersuchungshaft blieb der Polizist letztlich verschont, weil er weitgehend geständig war.

Vor den Strafgerichten räumte der Polizeiobermeister später auch ein, für seinen Drogendealer gezielt Informationen im Polizeicomputer abgerufen zu haben und diesen vor Razzien und Kontrollen gewarnt zu haben. Und exakt die Kombination dieser beiden Dienstpflichtverletzungen, Drogengeschäfte und polizeiinterne Informationen an die Drogenszene geliefert zu haben, werteten die Disziplinarrichter beim OVG wie zuvor die erste Instanz als besonders brisant.

Von 2007 bis Sommer 2009 dauerten die Prozesse vor den Strafgerichten. Das Urteil über acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung und 3000 Euro Geldbuße ist rechtskräftig. Der Polizeibeamte wurde wegen unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmittel in 25 Fällen, vier Fällen von Handel mit kleinen Drogenmengen sowie Verletzung des Dienstgeheimnisses in sechs Fällen schuldig gesprochen. Ende 2009 fiel er zudem auf, als er mit 2,5 Promille am Steuer eines Lkw einen Unfall verursachte.

Dann aber verschwanden die Disziplinarakten im Fall des suspendierten Obermeisters, dem Vater Staat weiterhin Monat für Monat sein Gehalt überwies, irgendwo in der Ministerialbürokratie. Der Fall schlummerte offenbar tief in einer Amtsstube. Erst ein Personalwechsel in der Behörde brachte 2015 neuen Schwung. Die Frage, warum die Disziplinarakten erst 2015 wieder auftauchten, ist bislang unbeantwortet. OVG-Präsident Bitz stellte dazu gestern fest: „An den Gerichten hat es nicht gelegen.“ Die Klage vor dem Verwaltungsgericht mit dem Ziel, den Polizisten zu entlassen, ging erst Ende 2015 ein.

Rechtsanwalt Markus Groß, der S. vertritt, will noch eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision prüfen. Der gefeuerte Beamte selbst wollte sich nicht zu dem OVG-Urteil äußern. Die Entscheidung hat für ihn weitreichende Konsequenzen. Er verliert neben seinem Job auch seine Versorgungsansprüche als Beamter.

 In der Polizeiinspektion in Alt-Saarbrücken am Ludwigsplatz war der Obermeister zuletzt beschäftigt.

In der Polizeiinspektion in Alt-Saarbrücken am Ludwigsplatz war der Obermeister zuletzt beschäftigt.

Foto: Ute Kirch

Vor dem Disziplinarsenat hat der 45-Jährige wiederholt betont, er habe seit Jahren keine Drogen mehr konsumiert. Er verwies auf entsprechende Untersuchungen seiner Haarproben. Auch dem Alkohol habe er abgeschworen. Quasi in letzter Minute stellte sein Anwalt dann noch einen Beweisantrag, wonach ein medizinisch-psychologisches Gutachten eingeholt werden soll, um zu dokumentieren, dass S. „dauerhaft drogenfrei ist“. Das Gericht lehnte den Antrag als „nicht entscheidungserheblich“ ab.

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