Gesundheit Wie ein Homburger Rettungswagen Engländer rührte

Homburg · Die „Mobile Stroke Unit“ war vorübergehend auf der Insel im Einsatz. Passanten applaudierten am Straßenrand. Wie das?

 So sieht der spezielle Rettungswagen aus.

So sieht der spezielle Rettungswagen aus.

Foto: Klaus Fassbender

Englische Tageszeitungen druckten Fotos des Gefährts auf ihren Titelseiten, die BBC berichtete, und Nachrichtenseiten animierten Internetnutzer, sich durch Fotos zu klicken, als handele es sich nicht um Aufnahmen eines Fahrzeugs, sondern um exklusive Schnappschüsse des Nachwuchses von Prinz William und Herzogin Kate.

Die „Revolution in der Notfallversorgung“, von der englische Medien berichteten, ist ein Rettungswagen zur Versorgung von Schlaganfall-Patienten, der normalerweise am Universitätsklinikum in Homburg stationiert ist. In den vergangenen Monaten war er allerdings in Southend-on-Sea im Einsatz, einer Stadt so groß wie Saarbrücken, in der Nähe von London. Dort testeten Ärzte und Rettungsdienstmitarbeiter des englischen Gesundheitsdienstes das Fahrzeug.

Der Schlaganfall-Rettungswagen – auch bezeichnet als „Mobile Stroke Unit“ – wurde im vergangenen Jahrzehnt an der Universität des Saarlandes entwickelt und erforscht. Anders als in gewöhnlichen Rettungswagen können Patienten in einer solchen „Mobilen Stroke Unit“ bereits am Notfallort mit der rettenden Therapie versorgt werden und nicht erst im Krankenhaus. An Bord befindet sich dazu auch ein kleiner Computertomograph (CT). Das Konzept des Homburger Rettungswagens breitet sich weltweit aus. Auch die Uniklinik in Southend-on-Sea hatte Interesse und fragte an, ob sie in einer Pilotstudie die Machbarkeit auch im englischen Gesundheitssystem prüfen kann.

„Die ersten Versuche in England unter Nutzung des saarländischen Rettungswagens als Leihgabe verliefen extrem positiv“, bilanziert Professor Dr. Klaus Fassbender, Direktor der Neurologischen Klinik an der Homburger Uniklinik. Die rettende Therapie habe deutlich schneller durchgeführt werden können.

Der Rettungswagen erhielt für seinen England-Aufenthalt das auf der Insel übliche gelb-grüne Schachbrettmuster. Das Homburger Kennzeichen blieb, ebenso das Lenkrad auf der linken Seite. Mehrere Mitarbeiter des englischen Rettungsdienstes unterstützten den Einsatz vor Ort ehrenamtlich. Fahrer Mike Foster, der normalerweise Rettungsassistent in der Wache Southend-on-Sea ist, kam mit dem Lenkrad auf der linken Seite im Linksverkehr bestens zurecht – er ist ehemaliger Busfahrer und hatte viele Reisen mit englischen Bussen ins kontinentale Europa begleitet.

Die Ärzte aus Homburg, die das Projekt in England begleitet haben und zeitweise vor Ort waren, berichteten von extremer Dankbarkeit der Patienten und der Angehörigen, wenn der Wagen zu ihnen nach Hause kam, Ärzte seien regelmäßig umarmt worden. „Es kam nicht selten vor, dass die Patienten am Straßenrand applaudierten, wenn er im Einsatz an ihnen vorbeirauschte“, sagte die Leitende Oberärztin der Neurologischen Klinik, Privatdozentin Dr. Silke Walter. Das staatliche Gesundheitssystem in England ist nicht gerade als luxuriös bekannt, teils unterstützen es ehrenamtliche Kräfte. Stefan Helwig, Homburger Notarzt der „Mobilen Stroke Unit“, berichtete: „Bei Beendigung des Projektes hatten gestandene Rettungsdienst- und Klinikmitarbeiter in Southend-on-Sea Tränen in den Augen.“

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