Rauchverbot auf der Kippe

Saarbrücken. Plötzlich geht alles ganz schnell: Schon im September wollen CDU und SPD ihren Entwurf zur Änderung der Verfassung in den Landtag einbringen, im November könnte das Parlament die Reform dann beschließen. Sie hätte zur Folge, dass Volksentscheide, zum Beispiel über das strikte Rauchverbot in Kneipen, deutlich einfacher würden

Saarbrücken. Plötzlich geht alles ganz schnell: Schon im September wollen CDU und SPD ihren Entwurf zur Änderung der Verfassung in den Landtag einbringen, im November könnte das Parlament die Reform dann beschließen. Sie hätte zur Folge, dass Volksentscheide, zum Beispiel über das strikte Rauchverbot in Kneipen, deutlich einfacher würden. Bislang sind die Hürden in der Verfassung so hoch, dass Volksbegehren und Volksentscheid kaum Chancen auf Erfolg haben. Zuletzt war 2006 der Versuch eines Bündnisses aus Eltern, Lehrern und Parteien gescheitert, die von der damaligen CDU-Alleinregierung beschlossenen Grundschulschließungen zu stoppen. Der Verfassungsgerichtshof stellte damals fest, dass Volksbegehren über sogenannte finanzwirksame Gesetze - also Gesetze, die Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben - unzulässig sind. Gleiches gilt für Verfassungsänderungen. CDU und SPD wollen nun Hürden abbauen, sie planen nach den Worten von SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn zudem "eine Lockerung des absoluten Finanzvorbehalts".Das erste Thema, bei dem die neuen Regeln voraussichtlich Anwendung finden werden, ist der Nichtraucherschutz. Dass es zu einem Volksbegehren gegen das Nichtraucherschutzgesetz kommen wird, wenn die Hürden erst einmal abgesenkt sind, daran zweifelt in der Koalition kaum jemand - dazu gibt es zu viele Gegner des Gesetzes, allen voran Kneipenbesitzer - und Raucher. "Ich erwarte, dass wir im nächsten Jahr einen solchen Prozess haben werden", sagt etwa Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU). "Ich halte es für wichtig, dass wir Klarheit bekommen."

Die SPD, die schon zu Oppositionszeiten Front gegen das absolute Rauchverbot in Kneipen gemacht hatte, könnte mit einer Lockerung wohl gut leben. Das derzeitige Gesetz sei "vollkommen überzogen" und "ein typischer Hubert Ulrich", sagt Fraktionschef Pauluhn unter Anspielung auf den Grünen-Vorsitzenden, der das Gesetz in der Jamaika-Koalition durchgesetzt hatte. Die SPD wolle zwar "nicht alle Gesetze, die uns nicht passen, nach dem Regierungswechsel wieder ändern". Wenn eine entsprechende Initiative aus der Bevölkerung jedoch erfolgreich sei, "werden wir an das Gesetz rangehen". Die Regeln für die direkte Mitwirkung der Bürger stammen noch aus dem Jahr 1979. Sie gelten als äußerst restriktiv; die Initiative "Mehr Demokratie" sieht das Saarland sogar als bundesweites Schlusslicht, was Elemente direkter Demokratie in der Verfassung betrifft. Die jetzigen rechtlichen Vorgaben im Einzelnen:

1. Schritt: Zunächst müssen fünftausend Stimmberechtigte mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren, das einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf beinhalten muss, beantragen.

2. Schritt: Innerhalb von zwei Wochen müssen dann mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten das Volksbegehren unterstützen, also rund 160 000 Menschen. Unterschreiben können sie aber nur auf einem Amt, nicht zum Beispiel in der Fußgängerzone. Die Reform könnte darauf hinauslaufen, dass die Hürde auf sieben Prozent abgesenkt wird (56 000 Menschen) und zum Beispiel drei Monate Zeit zum Unterschriftensammeln bleiben. Darauf hatten sich CDU, FDP und Grüne geeinigt, bevor die Koalition zerbrach. Dies war 2011 auch schon die Basis für Verhandlungen mit der SPD, deren Zustimmung damals für die verfassungsändernde Zweidrittel-Mehrheit benötigt wurde.

3. Schritt: Ist das Begehren rechtlich zulässig und setzt der Landtag es innerhalb von drei Monaten nicht um, muss ein Volksentscheid stattfinden. Damit das Gesetz beschlossen ist, muss ihm im Volksentscheid mehr als die Hälfte aller Stimmberechtigten zustimmen. Diese Hürde ist praktisch nicht zu überwinden: Bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent müssten alle mit Ja votieren. Künftig könnte die einfache Mehrheit genügen, sofern diese mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten entspricht.

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