Prozess um Luxair-Absturz beginnt

Luxemburg. Der Todesflug begann um 8.40 Uhr in Berlin. 85 Minuten später starben 20 Menschen - unter ihnen 15 Deutsche - beim Landeanflug einer zweimotorigen Maschine der Fluggesellschaft Luxair auf den Flughafen Luxemburg. Jetzt, fast neun Jahre später, sollen die Schuldigen des Unglücks ermittelt werden. Vor dem Bezirksgericht Luxemburg wird vom 10

Luxemburg. Der Todesflug begann um 8.40 Uhr in Berlin. 85 Minuten später starben 20 Menschen - unter ihnen 15 Deutsche - beim Landeanflug einer zweimotorigen Maschine der Fluggesellschaft Luxair auf den Flughafen Luxemburg. Jetzt, fast neun Jahre später, sollen die Schuldigen des Unglücks ermittelt werden. Vor dem Bezirksgericht Luxemburg wird vom 10. Oktober an sieben Männern wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung der Prozess gemacht.Der damals 26 Jahre alte Pilot der Unglücksmaschine - gemeinsam mit einem 36-jährigen Franzosen der einzige Überlebende - ist einer der Angeklagten. Bei schlechtem Wetter und geringer Sicht hatte er am 6. November 2002 die Landung versucht. In Sichtweite des Flughafens stürzte das Turboprop-Flugzeug vom Typ Fokker 50 aus 200 Metern Höhe und zerschellte unweit der Ortschaft Niederanven. Weitere Angeklagte sind drei ehemalige Generaldirektoren von Luxair, ein früherer Technikdirektor sowie zwei einstige Flugzeugmechaniker.

"Das ist einer der größten Prozesse, die es bisher in Luxemburg gab", sagt Justizsprecher Henri Eippers. Großen Andrang erwartet er nicht nur von Journalisten, sondern auch von den Angehörigen der Opfer, die lange auf die juristische Aufarbeitung warten mussten. Tausende Dokumente mussten für den Prozess ausgewertet, die interne Organisation der Luxair und die Technik analysiert werden. Zudem legten Anwälte regelmäßig Einsprüche ein, brachten Beschwerden und Gutachten auf den Weg. Die Verhandlung wird live in einen zweiten Saal übertragen und in drei Sprachen - Luxemburgisch, Deutsch und Französisch - simultan übersetzt.

Dichter Nebel lag über dem Flughafen von Luxemburg, als der Flugkapitän damals landen wollte. Die Sichtweite betrug 100 Meter, die Wolkendecke lag nur gut 30 Meter über dem Boden. Die französische Luftfahrtbehörde, die den Fall untersuchte, legte im Dezember 2003 einen Bericht vor, in dem es heißt, der junge Pilot habe "keinen Plan" gehabt, was er tun solle, als er von der schlechten Sicht erfahren habe. Im Cockpit habe man nicht wirklich über das Wetterproblem miteinander geredet, sondern es habe "eine gewisse Desorganisation" geherrscht. Ein Fehler kam zum anderen.

Die Fluglotsen gaben die Landeerlaubnis, obwohl die Sicht auf der Landebahn zu gering und das Flugzeug noch viel zu hoch gewesen sei. Die Piloten hätten sich nicht mehr an das Standardverfahren für den Anflug gehalten, sondern "ständig improvisiert" - wohl, weil sie unbedingt nach Hause wollten. Jede Standard-Vorschrift für den Anflug sei verletzt worden, listeten die Experten auf.

Vor allem änderte der Kapitän die Propellereinstellung, um rascher zu sinken - und zwar so, dass das Flugzeug gebremst wurde, als sei es bereits auf dem Boden. Dabei spielte möglicherweise auch ein technischer Fehler eine Rolle. Dieser hätte aber nach Ansicht von Fachleuten vielleicht verhindert werden können, hätte man bei Luxair die Anweisungen des Herstellers Fokker befolgt.

Kurzen Prozess machen die drei Berufsrichter allerdings nicht: Sechs Wochen sind eingeplant. Das Verfahren läuft anders als in Deutschland ab. Zu Beginn geht es vor allem in erster Linie um organisatorische Fragen, beispielsweise darum, welche Zeugen geladen werden sollen. Anschließend sollen die Sachverständige und Gutachter befragt werden. Dann äußern sich die Angeklagten zu den Vorwürfen - es folgen die Plädoyers von Anklägern und Verteidigern.

Erst im Anschluss daran stellt die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf mögliche Strafen. Das Prozessende ist für den 24. November geplant. Dann ziehen sich die Richter zur Beratung zurück. "Das Urteil wird erst Mitte Februar 2012 erwartet", sagte Eippers. dpa

"Das ist einer der größten Prozesse, die es bisher in Luxemburg gab."

Justizsprecher Henri Eippers

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