Homburg Protest gegen Neues Hambacher Fest

Homburg · Das Hambacher Fest gilt als eine Urszene deutscher Demokratie. Nun kommt es zu einer umstrittenen Neuauflage. Kritik regt sich auch im Saarland.

 Auf dem Hambacher Schloss bei Neustadt an der Weinstraße ist an diesem Samstag ein „Neues Hambacher Fest“ geplant – mit Rednern wie Thilo Sarrazin und Vera Lengsfeld. Dagegen regt sich nun auch Widerstand im Saarland.

Auf dem Hambacher Schloss bei Neustadt an der Weinstraße ist an diesem Samstag ein „Neues Hambacher Fest“ geplant – mit Rednern wie Thilo Sarrazin und Vera Lengsfeld. Dagegen regt sich nun auch Widerstand im Saarland.

Foto: picture alliance / dpa/Uwe Anspach

Theophil Gallo, Landrat des Saarpfalz-Kreises, könnte sich freuen. Seit einigen Wochen schwärmt ein bekannter Mann vom Hambacher Fest als „Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland“. Im „Spiegel“ und anderen Medien. Damit fällt wieder mal Licht auf ein historisches Ereignis, von dem die meisten Deutschen wohl zuletzt in ihrer Schulzeit gehört haben: Das Hambacher Fest, gefeiert im Frühjahr 1832, gilt als eine Urszene demokratischer Bestrebungen hierzulande. Sozialdemokrat Gallo ist Vorsitzender der Siebenpfeiffer-Stiftung, benannt nach dem Journalisten Philipp Jakob Siebenpfeiffer, der das Fest von Homburg aus initiierte.

Der Mann, der sich von Siebenpfeiffer und seinen Mitstreitern so begeistert zeigt, dass er diesen Samstag ein „Neues Hambacher Fest“ veranstaltet, heißt Max Otte, Ökonom, CDU-Mitglied und erklärter AfD-Wähler. Berühmtheit erlangte er als Orakel der Finanzkrise. 2006 hatte der Professor in einem Buch eine „neue Weltwirtschaftskrise“ vorausgesagt. Titel: „Der Crash kommt“. Ähnlich alarmierend formuliert Otte auch heute. Ihn erinnert die Geschichte des legendären Treffens anno 1832 an die Gegenwart. „Das Hambacher Fest ist für mich eine demokratische Erhebung der Bürger. Sie wehrten sich gegen Zensur und Fürstenherrschaft“, sagte er in einem Interview mit T-Online. Die Fürstenherrschaft sei eine Herrschaft von oben gewesen, demokratisch nicht legitimiert, so Otte: „Das sehe ich heute wieder.“

Gallo gefallen diese historischen Anleihen ganz und gar nicht. Er protestiert jetzt gegen das „Neue Hambacher Fest“. Und spricht von populistischen Strömungen, deren Akteure versuchten, historische Ereignisse oder Personen zu besetzen und für sich zu vereinnahmen. Gallo sieht darin eine „perfide Strategie, sich auf einer historischen Basis zu legitimieren“. Vor diesem Hintergrund klingt sein Lob für Otte, den Macher des „Neuen Hambacher Festes“, durchaus zwiespältig. Der Landrat hält Otte für einen hochintelligenten Menschen. Auch wenn Gallo klar ist, dass er mit Ottes medialer Präsenz nicht konkurrieren kann, sucht er doch die Auseinandersetzung mit ihm. Es ist ein Kampf um Aufmerksamkeit, der für Gallo allerdings kaum zu gewinnen ist. Und in dem es um nicht weniger geht als um die Deutungshoheit über das, was 1832 auf dem Hambacher Schloss geschah. Vor allem aber: Welche Lehren zieht man daraus für die Gegenwart?

Otte hat eine „Hambacher Erklärung“ ins Netz gestellt, eine Petition mit 19 Kästchen. Hinter jedem  steht eine Forderung. Protest zum Ankreuzen. In einer „Präambel“ zur Petition heißt es, dass Meinungsfreiheit, Rechts- und Sozialstaat in Deutschland in vielerlei Hinsicht beschädigt seien. „Wir stellen mit Erschrecken fest, dass Zensur und zensurähnliche Praktiken wieder Einzug halten“, so Otte. Die Diffamierung politisch Andersdenkender sei wieder an der Tagesordnung. Zu seinem „Neuen Hambacher Fest“ hat er Gäste eingeladen, die das ähnlich sehen dürften. Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin („Deutschland schafft sich ab“) soll sprechen, ebenso die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld. Angekündigt hat sich auch AfD-Chef Jörg Meuthen. Die Veranstaltung verspricht, ein neurechtes Happening zu werden.

 Theophil Gallo (SPD), Landrat und Vorsitzender der Siebenpfeiffer-Stiftung.

Theophil Gallo (SPD), Landrat und Vorsitzender der Siebenpfeiffer-Stiftung.

Foto: Andrew Wakeford

Die Siebenpfeiffer-Stiftung und die Hambach-Gesellschaft halten mit einer Presseerklärung gegen. Unterzeichnet von Gallo und Wilhelm Kreutz, Geschichts-Professor und Vorsitzender der Hambach-Gesellschaft. „Gewiss kann es kein Monopol der Interpretation Hambachs oder des Hambacher Erbes geben“, steht in der Erklärung. Das Hambacher Fest sei nicht zuletzt eine Manifestation der Redefreiheit gewesen. In diesem abwägenden Ton ist nicht das gesamte Papier verfasst. Am Schluss ist klar von Anstrengungen die Rede, „sich das Image von Hambach zunutze zu machen“. Der SZ sagt Historiker Kreutz: Das, was bisher über die Veranstaltung am Samstag bekannt ist, „ist nicht unser Verständnis von Hambach.“

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