Europatag Pro-Europäer fordern mehr Mut

Saarbrücken · Am Europatag ging es auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücken um die Vorzüge der EU. Aber auch ihre Befürworter sehen Reformbedarf.

 Gut 100 Teilnehmer aus der Großregion und noch mehr Luftballons waren am Europatag bei einer Kundgebung auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücken zu sehen.

Gut 100 Teilnehmer aus der Großregion und noch mehr Luftballons waren am Europatag bei einer Kundgebung auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücken zu sehen.

Foto: Iris Maria Maurer

„Die beste Nachricht aus der EU wäre, wenn der heutige Europatag ein Feiertag wäre“, sagte Andre Wilkens. Mit diesem Satz traf der Politikwissenschaftler und Autor des Buches „Gute Nachrichten aus Europa“ bei den rund 100 Menschen auf dem St. Johanner Markt ins Schwarze. Diese hatten sich am Mittwoch versammelt, um der sogenannten Schuman-Erklärung – des Grundsteins der EU – zu gedenken. Doch auch, dass der französische Präsident Emmanuel Macron den Karlspreis verliehen bekomme, sei eine gute Nachricht, so Wilkens. „Ich wünsche mir einen ähnlichen Mut von Politikern aller Parteien, um für Europa zu kämpfen“, forderte er.

Dass eine der wichtigsten Errungenschaften der Europäischen Union ein langfristiger Frieden auf unserem Kontinent ist, wird bei solcher Gelegenheit immer wieder gerne erwähnt. Für die meisten EU-Bürger ist der heutige Stand der Dinge selbstverständlich. „Doch im Rest der Welt staunen immer noch die Menschen und fragen sich, wie es Europa gelungen ist, nach so vielen Kriegen schon so lange in Frieden zu leben“, sagte Christophe Arend, der in der französischen Nationalversammlung in Paris den Wahlkreis Forbach vertritt. Wenn man auf viele Teile der Welt blicke, werde fast nirgendwo mehr so demokratisch debattiert wie in Europa. „Heute müssen wir von der EU verlangen, dass sie unser Leben verbessert, wie sie es schon öfter in der Vergangenheit gemacht hat“, so Arend weiter. Dabei erinnerte er an den Geldwechsel, wenn die Forbacher vor der Einführung des Euros in Saarbrücken einkaufen wollten, und an lange Schlangen vor der Zollschranke.

Diese Erinnerungen teilt Arend mit seinem Landsmann Gérard Guldner. Der 85-Jährige erzählte, wie die Beamten am Grenzübergang seine Benzinanzeige im Auto kontrollierten, um zu erfahren, wie viel Liter er in Deutschland getankt hatte – und wie sein komplettes Auto einmal auseinandergenommen wurde, inklusive Reifenhalterung und Getriebe. „Sie wollten sichergehen, dass ich nichts nach Frankreich geschmuggelt hatte“, berichtete der Mann aus St. Avold. Da staunten die jüngeren Besucher nicht schlecht.

Unter ihnen waren viele Vertreter politischer Nachwuchsorganisationen, die auch am Mikrofon ihre Forderungen an die EU äußerten: unter anderem mehr Bewegung für einen grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt und eine bessere Wahrnehmung der europäischen Projekte für die Jüngeren wie zum Beispiel das Erasmus-Programm für Schüler.

Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) plädierte für eine ehrliche Diskussion über Europa: „Man muss über die Vorteile sprechen, aber die Nachteile auch nicht verschweigen und versuchen, diese zu bekämpfen.“ Doch an diesem Europatag hatten vor allem bereits überzeugte Europäer zusammengefunden. So standen eher die Vor- als die Nachteile im Mittelpunkt. Darüber, dass sich in der EU noch vieles tun muss, um noch mehr Mitstreiter zu gewinnen, waren sich alle einig. Und so brachte es Europa-Staatssekretär Roland Theis (CDU) auf den Punkt: „Wenn wir jetzt die Reformen in Europa nicht anpacken, werden wir als die dümmste Politiker-Generation in die Geschichte eingehen.“

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