Postenwechsel im Saar-Kabinett

Saarbrücken · Anke Rehlinger und Reinhold Jost (beide SPD) sind gestern im Landtag als Minister für Wirtschaft und Verkehr sowie für Justiz und Umwelt vereidigt worden. Daneben brachte der Landtag den barrierefreien Notruf auf den Weg und diskutierte die Zukunft der Bürgerarbeit.

Nach Heiko Maas' (SPD) Weggang nach Berlin hat Anke Rehlinger seine Ämter als Wirtschaftsministerin und Vize-Regierungschefin übernommen. Ihr Nachfolger im Justiz- und Umweltministerium ist Reinhold Jost (rechts). Foto: Becker & Bredel

Nach Heiko Maas' (SPD) Weggang nach Berlin hat Anke Rehlinger seine Ämter als Wirtschaftsministerin und Vize-Regierungschefin übernommen. Ihr Nachfolger im Justiz- und Umweltministerium ist Reinhold Jost (rechts). Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Ein Platz in der Ministerriege des Landtags blieb gestern zunächst leer. Erst nachdem Reinhold Jost (SPD) als Minister für Justiz, Umwelt und Verbraucherschutz vereidigt worden war, durfte er aus den Abgeordnetenreihen in die Ministerrunde wechseln - neben die frischgebackene Wirtschaftsministerin und Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD). Die große Koalition stimmte der Ernennung der neuen Minister zu; die Opposition, die der Wechsel erwartungsgemäß kalt ließ, enthielt sich. Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer hatte bereits am Montag verkündet, er erwarte sich keine großen Impulse von Rehlinger und Jost: "Die ganze Landesregierung kann keine Agenda vorweisen." Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich hatte sich ungewöhnlich milde gegeben und den beiden "100 Tage Schonfrist" zugesichert.

Nach der Verpflichtung von Stefan Krutten aus Beckingen, der für Heiko Maas als SPD-Abgeordneter nachrückt, gingen die Parlamentarier dann zur Tagesordnung über. Ein Antrag der Piraten für einen barrierefreien Notruf (die SZ berichtete) stieß dabei auf einhellige Zustimmung. SPD und Grüne hielten zwar eine bundesweit einheitliche Lösung für sinnvoller, verwehrten ihre Stimmen aber nicht. Nun wird in den zuständigen Ausschüssen über einen Notruf per SMS und App für sprach- und hörgeschädigte Menschen beraten.

Ebenfalls weitgehend einig waren sich die Fraktionen beim Thema Ehrenamt. Unersetzlich sei die Arbeit der fast 400 000 Ehrenamtler im Saarland und verdiene Anerkennung. Einstimmig wurde ein "Ehrenamtsdialog" beschlossen - eine große Anhörung im Landtag, bei der "Handlungsfelder benannt" werden sollen.

Beim Thema Bürgerarbeit war es dann vorbei mit dem Einvernehmen. Die Grünen hatten einen Antrag eingereicht, der den Erhalt der Sozialkaufhäuser fordert. Ihnen drohen Schwierigkeiten, weil das Projekt "Bürgerarbeit" - gefördert vom Bund und der EU - ausläuft (die SZ berichtete). Klaus Kessler (Grüne) plädierte deshalb dafür, die wegfallenden Mittel des Bundes mit Geld aus dem Landesprogramm "ASaar" zu überbrücken. Außerdem solle die Regierung eine Bundesratsinitiative für ein Nachfolgeprogramm auf den Weg bringen. Auch die Linke appellierte an die Landesregierung, die Bürgerarbeitsplätze zu sichern.

Nicht nur die Mehrheit der Abgeordneten, auch die neu ernannte Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger erteilte dem Anliegen der Grünen eine Absage: "21,5 Millionen Euro müssten wir jährlich in die Hand nehmen, um die wegfallenden Mittel zu kompensieren." Das sei für ein Haushaltsnotlageland nicht zu stemmen. "Allererster Ansprechpartner muss der Bund sein", betonte sie und machte sich nach der Plenarsitzung prompt daran, das umzusetzen. Als erste Amtshandlung verfasste sie ein Schreiben an Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Darin fordert sie sie auf, das Projekt "Bürgerarbeit" fortzusetzen und schlägt vor, das Saarland zur Modellregion bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit zu machen.Für erhitzte Gemüter im Landtag sorgte der Entwurf für ein neues Jagdgesetz, den die große Koalition vorlegte (die SZ berichtete). Magnus Jung (SPD) konnte sich bei dessen Vorstellung den ein oder anderen Seitenhieb auf die Vorgänger-Regierung nicht verkneifen: "Wir liefern dort, wo andere nur geredet haben." Das wollte Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich nicht auf sich sitzen lassen: "Das Gesetz der Jamaika-Regierung hätte Jagdexzesse, wie sie leider auch im Saarland gang und gäbe sind, beendet." Im Vergleich dazu sei das, was die Koalition nun vorlege, ein Rückschritt. Die Jagdhundausbildung am lebenden Tier sei "widerliche Tierquälerei", allein deshalb lehne seine Fraktion den Gesetzesentwurf ab. Auch von den Linken kam scharfe Kritik. So begrüßte Dagmar Ensch-Engel zwar, dass der Abschuss von wildernden Haustieren nur noch im Ausnahmefall erlaubt sein soll. Aber auch sie sprach sich vehement gegen die Jagdhundausbildung am lebenden Tier und die Kirrung von Schwarzwild, das gezielte Anfüttern, um die Tiere für den Abschuss anzulocken, aus.

Jung betonte, die Koalition sei offen für Diskussionen. Allerdings solle der Zeitrahmen eingehalten werden. Spätestens zu Beginn des Jagdjahres am 1. April soll das Gesetz verabschiedet sein. Der Entwurf wurde mit einer Mehrheit von CDU, SPD und Piraten angenommen und an den Umweltausschuss verwiesen.

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