Post-Polio-Syndrom: Die späte Rückkehr der Kinderlähmung

Saarbrücken. Ulrike Jarolimeck ist zwei Jahre alt, als plötzlich bei ihr die Kinderlähmung auftritt. Es passiert 1954, acht Jahre bevor man in der Bundesrepublik anfängt gegen Polio zu impfen. Bis zum sechsten Halswirbel war sie gelähmt, erinnert sich die heute 60-Jährige aus Saarbrücken-Scheidt. Dank verschiedener Therapien bilden sich Jarolimecks Lähmungen zurück

Saarbrücken. Ulrike Jarolimeck ist zwei Jahre alt, als plötzlich bei ihr die Kinderlähmung auftritt. Es passiert 1954, acht Jahre bevor man in der Bundesrepublik anfängt gegen Polio zu impfen. Bis zum sechsten Halswirbel war sie gelähmt, erinnert sich die heute 60-Jährige aus Saarbrücken-Scheidt. Dank verschiedener Therapien bilden sich Jarolimecks Lähmungen zurück. Mit Anfang 40 verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand aber zunehmend. Starke Schmerzen spürt sie, sie kann kaum noch zu Fuß gehen. Etliche Ärzte sucht sie auf, doch zunächst kann keiner etwas finden. 2001 schließlich erkennt eine Ärztin für Neurologie, dass Ulrike Jarolimeck am Post-Polio-Syndrom (PPS), den Spätfolgen der Polio-Erkrankung, leidet.Wie viele der etwa 800 Polio-Betroffenen, die heute noch in unserer Region leben, an den Folgen der früheren Kinderlähmung dem PPS, leiden, sei allerdings unklar, so Jarolimeck. Problem bei der PPS sei, dass es kein einheitliches Diagnoseverfahren gebe. Seit etwa 15 Jahren machen der Mutter zweier erwachsener Söhne die Folgen der neurologischen Erkrankung zu schaffen. Jarolimeck sagt dazu: "Ich habe mittlerweile gelernt mit den belastenden Symptomen umzugehen." Fast täglich ist sie daher auf die Hilfe ihres Ehemanns angewiesen. Vor anderthalb Jahren rief sie die Selbsthilfegruppe (SHG) für Menschen mit Kinderlähmungsspätfolgen ins Leben. 20 Mitglieder zählt derzeit die Saarbrücker Regionalgruppe 84 Saar, die Mitglied im Bundesverband Poliomyelitis ist. Aus Anlass des seinerzeit von der Weltgesundheitsorganisation ausgerufenen Welt-Polio-Tages an diesem Sonntag wolle die Regionalgruppe über die Virus-Erkrankung, ihre Gefahren und Folgen informieren, sagt Jarolimeck. "Allein durch Impfen kann man gegen Polio vorbeugen. Heilbar ist die Erkrankung aber bis heute nicht", betont sie. bera

Weitere Infos zur SHG gibt es unter Tel. (06 81) 81 11 97.

Foto: Rannenberg

HINTERGRUND

Das Saarländische Ärztesyndikat weist darauf hin, dass eine Auffrisch-Impfung gegen Poliomyelitis bei Reisen in Risikoländer (Indien, Pakistan, Afghanistan und Nigeria) angebracht ist, falls die Immunisierung länger als zehn Jahre zurückliegt. Zuletzt seien in Deutschland 1992 zwei Polio-Fälle aus Indien und Ägypten eingeschleppt worden. bera

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