Polizist wegen Falschaussage verurteilt

Saarbrücken · Der Polizeikommissar auf der Anklagebank vor Strafrichterin Kathrin Weil vom Saarbrücker Amtsgericht sucht gelegentlich Blickkontakt zu seinen Kollegen, die den Prozess in zivil als Zuschauer verfolgen. Der 32 Jahre alte Beamte wirkt verunsichert, dreht sich wiederholt zu seiner Verteidigerin Britta Nold und gibt ihr Hinweise zu Aussagen von Zeugen. Das Urteil, das Weil nach fast vierstündiger Verhandlung und ausführlicher Beweisaufnahme dann verkündet, wollen aber weder Kommissar noch Anwältin kommentieren.

Wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht hat die Richterin den angeklagten Polizeibeamten schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 7200 Euro in 120 Tagesätzen zu 60 Euro verurteilt. Dies entspricht einer Freiheitsstrafe von vier Monaten. Der Polizist wäre damit vorbestraft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte 150 Tagessätze gefordert, Verteidigerin Nold auf Freispruch plädiert.

Das Besondere an diesem Prozess waren neben dem Angeklagten, einem jungen Kommissar, auch die Zeugen: eine Oberstaatsanwältin, ein Richter, ein angesehener Ermittlungsbeamter der Kriminalpolizei und mehrere Streifenbeamte. Hintergrund war das Strafverfahren, das im Mai letzten Jahres in erster Instanz vor dem Schöffengericht in Saarbrücken gegen einen zwischenzeitlich aus dem Dienst gefeuerten Kommissar verhandelt wurde. Dieser Ex-Beamte wurde als so genannter "Folter-Polizist" bezeichnet. Ein Urteil der Berufungsinstanz über zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung im Amt, Verfolgung Unschuldiger und Bedrohung gegen ihn ist seit einigen Monaten rechtskräftig. In dem Prozess vor dem Amtsgericht hatte der jetzt angeklagte Kommissar, der am Tattag Vorgesetzter der Dienstschicht in der Karcher-Straße war, ausgesagt. Er bestritt nachdrücklich Angaben zweier Kollegen, unter anderem des Streifenpartners des rechtskräftig Verurteilten, dass es ein Dreiergespräch mit ihm gegeben habe. Konkret soll es bei dem kurzen Gespräch um die Vorfälle am 9. Februar 2014, bei denen unter anderem Pfefferspray gegen einen wehrlosen Rumänien zum Einsatz kam, gegangen sein. Erst auf ausdrückliche Nachfrage der Oberstaatsanwältin hatte der Kommissar definitiv ausgeschlossen, dass es ein solches Gespräch gegeben habe. Für den ersten Prozess war diese Aussage unmaßgeblich. Die Oberstaatsanwältin versuchte sogar, dem damaligen Zeugen eine goldene Brücke zu bauen. Etwa mit dem Hinweis, er könne sich ja vielleicht nicht mehr exakt erinnern. Sie leitete schließlich das Verfahren wegen Falschaussage ein, sagte jetzt - wie der damalige Richter - im Zeugenstand aus.

Das Auffällige an dem Verfahren: Weder Ort noch Tag und Uhrzeit, wann das Gespräch der drei Beamten stattgefunden hat, stehen genau fest. Inhalt und Ablauf haben zwei Hauptzeugen aber weitgehend übereinstimmend geschildert. Für die Richterin ist damit der objektive Tatbestand der Falschaussage erfüllt. Und für einen Polizeibeamten gelten bei diesem Thema besondere Anforderungen, sagte die Richterin, die von "bedingtem Vorsatz" ausgeht.

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