Konsequenz aus Personalnot Polizei denkt an „Reviere“ und Fusionen

Saarbrücken/Neunkirchen · Expertenrunde zur Neuorganisation legt Vorschläge auf den Tisch. Minister: „Entschieden wird im Januar.“

 Das ehemalige Praktiker-Gelände in Kirkel ist als möglicher Standort für die Bereitschaftspolizei im Gespräch.

Das ehemalige Praktiker-Gelände in Kirkel ist als möglicher Standort für die Bereitschaftspolizei im Gespräch.

Foto: Oliver Dietze

„Die lassen erstmals die Katze aus dem Sack“, sagt ein Polizist, der heute zu einer großen Personalversammlung in die Inspektion Neunkirchen geladen ist. Weitere Belegschaftstreffen sollen in den nächsten Tagen in den übrigen Regionen folgen. Vertreter einer Expertenrunde, die von Carsten Dewes, Leiter des Präsidialstabs im Landespolizeipräsidium, geleitet wird, werden ihre Überlegungen zur Umstrukturierung des Sicherheitsapparates vorstellen. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) hatte Anfang Oktober diese Arbeitsgruppe installiert. Deren Auftrag vor dem Hintergrund anhaltender Personalnot, steigender Pensionierungen (von 77 im Jahr 2015 auf 113 im Jahr 2017) und erhöhten Ausfällen wegen Mutterschutz und Erziehungsurlaub (derzeit 99): „Sämtliche Strukturen der Polizei kommen auf den Prüfstand. Es gibt keine Tabus. Die Polizei in der Fläche, den Inspektionen und der Kriminalitätsbekämpfung muss gestärkt werden.“

Die Vorschläge und Überlegungen der Expertenrunde, zu der mehrere Inspektionschefs zählen, gelten bislang als streng vertraulich. Dennoch sind einzelne Resultate durchgesickert. Aus der Kommunal- und Landespolitik, auch vom Koalitionspartner SPD, melden sich bereits kritische Stimmen. Bouillon hat derweil angewiesen, dass zuerst das Personal informiert wird und jeder Beamte aufgefordert wird, seine Meinung zu den Überlegungen zu sagen. Bouillon äußert sich nicht zu Details: „Ich will erst wissen, was die Basis von den Überlegungen hält! Entschieden wird erst im Januar.“

Nach Informationen unserer Zeitung plädieren die Polizeiplaner für ein engeres Zusammenspiel der zwölf A-Inspektionen, die alle rund um die Uhr besetzt sind, mit den sieben B-Inspektionen. Diese schließen in der Regel an sechs Tagen die Woche nachts. Dann übernehmen Kommandos benachbarter Dienststellen die Interventions- und Streifeneinsätze. Diskutiert wird deshalb jetzt ein „Partnermodell“, das mittelfristig vorsieht, dass die jeweiligen Inspektionen, etwa Illingen und Neunkirchen oder Bous und Saarlouis auch tagsüber kooperieren.

Die Streifenkommandos der B-Inspektionen sollen dann von der zuständigen A-Inspektion aus dirigiert werden. So könnten pro Schicht bis zu zwei Beamte, darunter der Dienstgruppenleiter, für andere Aufgaben frei werden. Polizeiintern ist hier von dem „Revier-Modell“ die Rede. Die Leitungsebene der B-Inspektionen, der künftigen Reviere, könnte bei Pensionierungen oder Versetzungen nicht mehr ersetzt werden. Die Chefs der Reviere würden dann in den größeren Inspektionen sitzen. Auch bei den 38 Polizeiposten im Land wird, bis auf wenige Ausnahmen, etwa wegen der Grenznähe in Überherrn und Perl, über eine Kürzung der Dienst- und Präsenzzeiten nachgedacht. Aktuell sind dort 97 Beamte eingesetzt.

Offenbar gehen die Planer davon aus, dass mit diesem Sparplan bei Inspektionen, Revieren und Posten mittelfristig bis zu 70 Stellen nicht mehr besetzt werden müssen. Insgesamt stellt die Reform der letzten Reform von 2012 angeblich bis zu 120 Stellen zur Disposition. 30 davon sollen wohl zu Lasten der zentralen Verkehrsdienste gehen. Im Bereich der Verkehrsüberwachung wird nach SZ-Informationen darüber nachgedacht, die Dienststellen in Dudweiler (Verkehrsdienst Mitte) und Bexbach (Ost) zu fusionieren. Hier wurde das Personal bereits ausgedünnt. In Dudweiler arbeiten derzeit 24 (2015: 34) und in Bexbach 20 (2015: 25) Beamte. In Merzig für den Verkehsdienst West sind es 27 Leute (2015: 29). Im Bereich der technischen Verkehrsüberwachung (Radarkontrollen) soll verstärkt der Polizeiliche Ordnungsdienste helfen.

Über Kürzungen und Fusionen von Sachgebieten und Dezernaten wird zudem im Präsidium insbesondere in Stabs- und Zentralstellen nachgedacht. Unter dem Strich stehen 20 Beamtenstellen zur Disposition.

Derweil verfestigen sich Hinweise, dass die Saar-Polizei künftig in Kirkel einen großen Standort plant. Voruntersuchungen und Prüfungen laufen, ob auf dem ehemaligen Praktiker-Gelände, das dem Land gehört, künftig die Bereitschaftspolizei (131 Beamte), der fusionierte Verkehrsdienst Mitte/Ost und die Hundestaffel stationiert werden können. Die stark sanierungsbedürftige Polizeiunterkunft auf dem Saarbrücker Wackenberg könnte dann verkauft werden.

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