Regierungserklärung von Tobias Hans Politiker diskutieren über „Brüssel-Bashing“

Saarbrücken · Ministerpräsident Tobias Hans hat die Regelungsdichte der EU kritisiert. Hat er dabei Vorurteile bedient?

Mehrere Aussagen von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in seiner Regierungserklärung am Mittwoch haben zu einem Konflikt zwischen Politikern der großen Koalition geführt. Der SPD-Europa-Abgeordnete Jo Leinen warf Hans vor, Vorurteile gegenüber der EU zu verstärken, anstatt dabei zu helfen, Klischees zu überwinden. CDU-Generalsekretär Markus Uhl antwortete, offensichtlich habe Leinen die Regierungserklärung weder aufmerksam verfolgt noch nachgelesen. Hans bediene keine Vorurteile.

Hans hatte zunächst den Befund erhoben, dass die EU angesichts des Brexits, weiterer abgelehnter Europa-Referenden in EU-Staaten sowie der seit Jahrzehnten zurückgehenden Beteiligung an den Wahlen zum EU-Parlament „ein wachsendes Akzeptanzproblem“ habe. Die Antwort darauf, so Hans, könne weder sein, den EU-skeptischen Kräften nach dem Munde zu reden, noch „ein plumpes ‚Mehr Europa’“ oder gar ein „umso feurigerer europäischer Hurra-Patriotismus – nach dem Motto: Jetzt gerade zum Trotz!“ Nötig sei vielmehr eine „kritische Selbstreflexion“. Als einen wesentlichen Punkt identifizierte Hans dabei die Fülle an EU-Verordnungen und Richtlinien. „Bei vielen Menschen besteht das Gefühl, dass im fernen Brüssel in schwer verständlichen Verfahren Dinge beschlossen werden, die die Menschen betreffen, ohne sie in irgendeiner Weise beeinflussen zu können“, sagte Hans. Er wolle nicht der Irrlehre Vorschub leisten, mittlerweile würden fast alle Rechtsnormen in Brüssel festgelegt, und es sei natürlich auch zu begrüßen, wenn es EU-weite Standards beispielsweise im Verbraucher- oder Umweltschutz gebe. Er frage sich aber, wie sinnvoll es sei, für Stickoxide EU-weit bindende Grenzwerte festzulegen, wenn der Umgang damit in der Praxis ohnehin sehr unterschiedlich sei.

Dazu sagte Leinen, er kenne niemanden in verantwortlicher Position, der ein plumpes „Mehr Europa“ wolle. EU-Regeln und Entscheidungen seien vielmehr die Antwort zur Lösung gemeinsamer Probleme. Auch sei es „populistisch“, die Diesel-Grenzwerte der EU zu attackieren. Das Problem sei die mangelhafte Umsetzung auch in Deutschland. Der Brexit sei nicht das Resultat von Entscheidungen im „fernen Brüssel“, sondern das Ergebnis eines Machtkampfes innerhalb der konservativen Partei Großbritanniens. „Brüssel-Bashing“, so Leinen, solle gerade vor den Europa-Wahlen im Mai nicht zum Repertoire von Entscheidungsträgern gehören. CDU-Generalsekretär Uhl bezeichnete diesen Vorwurf als absurd. Hans habe vielmehr konkrete Vorschläge gemacht, wie der schwindenden Akzeptanz der EU begegnet werden könne.

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