Landespolitik Politik-Nachwuchs ist nur selten weiblich

Saarbrücken · Sie sind meist männlich und Akademiker – und somit kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft: die führenden Köpfe der politischen Jugendorganisationen.

 Die Juso-Landesvorsitzende Kira Braun.

Die Juso-Landesvorsitzende Kira Braun.

Foto: Mauritius te Dorsthorst

Die politischen Jugendorganisationen der Parteien haben zwei große Probleme. Unter den Mitgliedern finden sich zum einen überwiegend Männer. Zum anderen sind die meisten davon Akademiker. Frauen und Auszubildende sind hingegen deutlich unterrepräsentiert. Das widerstrebt nicht nur dem Vorhaben der Parteien, für mehr Vielfalt in der Politik zu sorgen. Vielmehr zeigt sich bereits in den Jugendorganisationen keine wirkliche Repräsentation der gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland.

Allerdings sind im Saarland deutliche Unterschiede, was den Frauen- und Nicht-Akademikeranteil betrifft, in den Parteien erkennbar. In fast jeder Partei sind weit weniger als die Hälfte der Mitglieder Frauen. Nur bei der Grünen Jugend Saar ist das Verhältnis relativ ausgewogen. „Momentan sind bei uns 80 Frauen und 81 Männer Mitglied, das Verhältnis ist also sehr ausgeglichen“, erklärt Jeanne Dillschneider, Landessprecherin der Grünen Jugend Saar. Darüber hinaus sieht sich die Grüne Jugend als „feministischer Verband“. Es besteht also eine 50-Prozent-Regelung, wodurch mindestens die Hälfte der Plätze in Gremien und dem Vorstand mit Frauen, Inter- oder Transsexuellen besetzt sein müssen.

 Juli-Landeschef Julien François Simons.

Juli-Landeschef Julien François Simons.

Foto: Julien Simons

Bei den anderen Parteien ist der Anteil junger Frauen wesentlich geringer. Die Junge Union Saar (JU) hat einen Frauenanteil von 39 Prozent, bei der Linksjugend sind es 37 Prozent und bei den Jungsozialisten der SPD (Jusos) 34 Prozent. Schlusslichter bilden Junge Liberale (JuLi) mit 25 Prozent und Junge Alternative (JA) mit 17 Prozent.

Um für Frauen attraktiver zu wirken, setzt die Jugendorganisation der FDP nicht auf Quoten, sondern auf Stärkung der Frauen in der Partei. „Eine Quote wäre aus unserer Sicht kein liberales und effektives Mittel, um mehr Frauen einzubinden. Stattdessen setzen wir auf Empowerment von jungen Frauen“, erklärt Julien François Simons, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen im Saarland. Um sich den Herausforderungen zu stellen, haben die Saar JuLis auch „ein Awareness Team eingeführt“, sagt Simons. Hier soll sowohl über die bessere Einbindung von Frauen, wie auch über die Modernisierung der politischen Kultur diskutiert werden.

 Der Landeschef der Jungen Union, Alexander Zeyer.

Der Landeschef der Jungen Union, Alexander Zeyer.

Foto: Bonenberger

Auch in den Vorständen der Parteien zeigt sich die Unterrepräsentation von Frauen. Bei der JU sind von den 14 Vorstandsmitgliedern nur vier Frauen, bei den JuLis sind es zwei von neun. Die Linksjugend kommt auf vier von elf. Und die Grüne Jugend schafft es trotz Quote nur auf vier von zehn. Bei der JA gibt es keine Frauen im vierköpfigen Vorstand. Lediglich bei den Jusos dominieren die Frauen den Vorstand. Von elf Vorstandsmitgliedern sind sechs Frauen. „Ich finde das ein schönes Zeichen, wenn man nicht nur von Frauenförderung spricht, sondern auch wirklich bei der Besetzung der Gremien darauf achtet“, sagt Kira Braun, Landeschefin der Jusos.

Die Mitgliedschaft bei den Parteien muss aber nicht nur für Frauen attraktiver werden. Auch der Anteil Auszubildender ist viel zu gering und steht in keinem Verhältnis zur Gesellschaft. Über den genauen Anteil nicht-akademischer Mitglieder kann fast keine der Parteien Angaben machen. Nur Moritz Guth, Landesvorsitzender der Jungen Alternativen, wird diesbezüglich etwas konkreter. „Im Gegensatz zu den anderen Jugendorganisationen halten sich bei uns Akademiker und Auszubildende die Waage. Auch im Vorstand ist das Verhältnis 50 zu 50“, erklärt Guth. Und auch der Vorstand der Linksjugend Saar ist mit fünf von elf Vorstandsmitgliedern, die nicht studieren, recht ausgewogen. Allerdings zeichnet sich bei den anderen Vorständen überwiegend das Bild ab, dass die Vorstandsmitglieder entweder Jura- oder Wirtschaftsstudenten sind, oder zumindest ein Gymnasium besuchen. Auszubildende finden sich eher selten. Als Beispiel des einzigen Landesvorsitzenden mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung kann Alexander Zeyer von der Jungen Union Saarland herhalten.

Dass gerade Akademiker den Weg in die Parteien finden, hat mehrere Gründe. Denn an allen Hochschulen gibt es Vorfeldorganisationen, die den Parteien nahe stehen und so den Weg in die Politik ebnen. Für Berufsschulen gibt es solche Angebote nicht flächendeckend. Außerdem sind die Veranstaltungen der Jugendorganisationen eher dem Alltag von Studenten angepasst und kommen den Bedürfnissen der Auszubildenden nur selten nach. Ein Umstand, der auch in der Dissertation von Regina Weber, Dozentin der Hochschule Rhein-Waal, thematisiert wird.

Damit Auszubildende den Weg zu den Parteien finden, bieten die Jugendorganisationen verschiedene Angebote. So versuchen zum Beispiel die Grünen ihre Sitzungszeiten zu variieren, damit auch Menschen in Ausbildung daran teilnehmen können. Außerdem werde versucht „die Social Media Arbeit niedrigschwellig und interaktiv zu gestalten“, erklärt Jeanne Dillschneider. Die Saar Jusos setzen speziell für Auszubildende zugeschnittene Arbeitskreise und Gruppen. Kira Braun erklärt, dass hierfür gerade die Jusos Schüler und Ausbildenden Gruppe (JSAG) eingerichtet wurde. In der explizit auf die Wünsche und Bedürfnisse von Auszubildenden und jungen Arbeitnehmern eingegangen werden soll.

Allerdings zeichnet sich schon jetzt ab, dass die nächste Generation von Berufspolitikern wieder überwiegend männlich und studiert sein wird. Ein Wandel zu mehr Vielfalt ist somit nicht in Sicht.

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