Zu wenig Frauen in Parlamenten Politik ist überwiegend Männersache

Saarbrücken · Frauen sind auch im Saarland in den Parlamenten unterrepräsentiert – besonders deutlich in der Kommunalpolitik.

 Der Frauenanteil im Bundestag und im saarländischen Landtag liegt bei 31 Prozent. Im Saarland ist nicht einmal jedes vierte Ratsmitglied auf Orts-, Gemeinde-, Stadt- und Kreisebene eine Frau.

Der Frauenanteil im Bundestag und im saarländischen Landtag liegt bei 31 Prozent. Im Saarland ist nicht einmal jedes vierte Ratsmitglied auf Orts-, Gemeinde-, Stadt- und Kreisebene eine Frau.

Foto: dpa/Jan-Philipp Strobel

Seit einhundert Jahren dürfen Frauen in Deutschland wählen. Doch von gleicher politischer Teilhabe kann im Jahr 2018 nicht die Rede sein. Im Bundestag und im saarländischen Landtag liegt der Frauenanteil bei 31 Prozent. „Beschämend“ sei das, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD). Noch trostloser ist die Situation in den Kommunen. Nach einer Auswertung des Frauenrates ist im Saarland nicht einmal jedes vierte Ratsmitglied auf Orts-, Gemeinde-, Stadt- und Kreisebene eine Frau. In Losheim sitzen im Gemeinderat zwei Frauen und 31 Männer – kein Einzelfall, gerade auf dem Land.

Das Problem ist politisch erkannt. Als CDU-Chefin Angela Merkel am Wochenende beim Deutschlandtag der Jungen Union auftrat, kanzelte sie den Parteinachwuchs ab, weil im geschäftsführenden Bundesvorstand der CDU-Nachwuchsorganisation nur Männer sitzen. „50 Prozent des Volkes fehlen“, sagte Merkel. „Und ich sag‘ Ihnen: Frauen bereichern das Leben. Nicht nur im Privaten, auch im Politischen.“

Politik diskutiert über Frauenquote für Parlamente
Foto: SZ/Steffen, Michael

Bundesjustizministerin Barley prüft nun, ob eine gesetzliche Frauenquote für den Bundestag vorgeschrieben werden kann, die SPD unterstützt sie dabei. „Was von den Unternehmen erwartet wird, muss auch Maßstab für den Deutschen Bundestag sein“, sagt Ingmar Naumann, Sprecher der Saar-SPD. Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich selbst als „Quotenfrau“ bezeichnet,  bringt nun eine gesetzliche Quote ins Spiel: „Entweder geben sich die Parteien eine Quote. Oder es wird eine Frage des Wahlrechts.“

Bei genauem Hinsehen handelt es sich aber weniger um ein Problem „der Parteien“ als vielmehr der liberalen, konservativen und rechtspopulistischen Parteien (siehe Grafik). Bereits 1991 forderte deshalb ein junger CDU-Politiker namens Peter Müller eine Frauenquote. Die 1996 eingeführte  Soll-Vorgabe von mindestens einem Drittel Frauen auf den Listen läuft wegen der Direktmandate allerdings regelmäßig ins Leere. „Die Parteimitglieder empfinden es als Problem, wenn der Frauenanteil niedrig ist“, sagt Kramp-Karrenbauer.

Ihre Forderung, notfalls eine gesetzliche Quote wie in Frankreich einzuführen, ist aber innerparteilich umstritten. Während die CDU-Frauen-Union sich vorbehaltlos hinter ihre frühere Landeschefin Kramp-Karrenbauer stellt, will die Junge Union (JU) von einer Quote nichts wissen. JU-Landeschef Alexander Zeyer sagte, sein Verband sei „ganz klar“ gegen Kramp-Karrenbauers Pläne. Insbesondere die Frauen in der JU seien gegen eine verbindliche Frauenquote, da sie aufgrund ihrer Arbeit in Verantwortung kommen wollten und nicht wegen einer Quote. Natürlich sei es nicht zufriedenstellend, dass verschiedene Gruppen in den Parlamenten unterrepräsentiert seien, sagt Zeyer. Als Ausweg schlägt er aber eine bessere Förderung dieser Gruppen innerhalb der Parteien und bessere Rahmenbedingungen und Parteistrukturen vor.

An der geringen Beteiligung der Frauen in den Parteien würde eine Quote indes zunächst nichts ändern. Zwar stehen an den Parteispitzen sehr wohl Frauen – Kramp-Karrenbauer bei der Saar-CDU, Rehlinger bei der SPD. Allerdings sind Frauen unter den Parteimitgliedern unterrepräsentiert. „Auch wenn der Frauenanteil in der Saar-SPD stetig steigt, würden wir uns über noch größeren Zulauf freuen“, heißt es in der SPD-Landesspitze.

Das gilt erst recht für die Funktionäre auf der unteren Ebene, der „Basis“. Bei der Saar-CDU sind gerade einmal 13 Prozent der über 300 Ortsvorsitzenden Frauen, bei der Saar-SPD auch nur 16 Prozent. Die SPD-Frauen klagen seit Jahren darüber, die „Sitzungs- und Dauerpräsenz-Kultur“ verhindere, dass Frauen sich engagieren, weil sie sich neben Beruf und Familie nicht auch noch Parteiämter aufbürden wollen. Seit diesem Jahr testen SPD-Ortsvereine vier Jahre lang paritätisch besetzte Doppelspitzen, bei denen sich Männer und Frauen die Verantwortung teilen.

Die Landesvorsitzende der CDU-Frauen-Union, Anja Wagner-Scheid, fordert, bei der Mitgliederwerbung gezielt Frauen anzusprechen und die Arbeitsweise der Gremien hinsichtlich Zeitpunkt, Dauer und Anzahl der Sitzungen auf den Prüfstand zu stellen. Die CDU müsse Frauen auch zur Kandidatur für Parteiämter und Mandate motivieren. Hierzu hat die Partei vor zehn Jahren ein Frauenförderprogramm mit derzeit 31 Tandems gestartet. Und das Frauenquorum müsse künftig Vorrang vor anderen Quoten haben. Bisher gilt in der CDU, wie in anderen Parteien, ein ausgeklügeltes Proporz-System, das die Kandidatenlisten nach Kreisverbänden und Parteivereinigungen (Junge, Frauen, Arbeitnehmer, Wirtschaftsflügel) vorstrukturiert. Der Frauenanteil der CDU-Fraktion im Saar-Landtag liegt übrigens bei 25 Prozent – vor einem Vierteljahrhundert waren es mal 38 Prozent.

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