Polio ist weiterhin ein Thema

Saarbrücken. Der Polio-Virus gilt in Deutschland seit über 20 Jahren als ausgerottet, doch viele der ehemals Polio-Infizierten leiden heute unter den Spätfolgen. So beispielsweise Müdigkeit, Muskelschwäche, Probleme beim Atmen, ungewöhnliche Kälteempfindlichkeit, Durchblutungsstörungen und Depression

Saarbrücken. Der Polio-Virus gilt in Deutschland seit über 20 Jahren als ausgerottet, doch viele der ehemals Polio-Infizierten leiden heute unter den Spätfolgen. So beispielsweise Müdigkeit, Muskelschwäche, Probleme beim Atmen, ungewöhnliche Kälteempfindlichkeit, Durchblutungsstörungen und Depression. Das Problem ist: "Das sogenannte Post-Polio-Syndrom (PPS) kann erst nach 20, 30, 40 Jahren auftreten", sagt Michael Lorentz, Sprecher der "Polio Regionalgruppe 32 Saarland". Der Interessengemeinschaft von Betroffenen mit Kinderlähmungsfolgen gehören derzeit 56 Mitglieder an. Weil Lorentz mit zunehmenden Alter immer mehr unter den Folgen der Erkrankung litt, schied der ehemalige Regierungsbeamte 1996 frühzeitig aus dem Berufsleben aus.Die 1994 gegründete Polio-Regionalgruppe will nicht nur in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Spätfolgen des PPS schaffen, sondern auch auf die Folgen der Impfmüdigkeit aufmerksam machen. "Wer alle zehn Jahre die Polio-Impfung auffrischt, minimiert das Risiko an Polio zu erkranken erheblich", so Lorentz. Darüber hinaus will die Gruppe über fachkompetente Kliniken, Ärzte und Therapeuten informieren. "Betroffene finden nur allzu selten Ärzte, vor allem Neurologen, die über die Poliomyelitis Bescheid wissen", sagt Raimund Krächan, stellvertretender Sprecher der Polio-Gruppe. Die Gruppenmitglieder könnten sich bei einem Facharzt für Laboratoriumsmedizin aus Kaiserslautern ärztlichen Rat holen. Überdies wolle man die Mitglieder bei Krankenkassen- und Behördenangelegenheiten auch persönlich beraten. "Zu allen medizinisch-sozialrechtlichen Fragen, etwa zur Beantragung von medizinischen Hilfsmitteln oder Reha-Maßnahmen geben wir Auskunft," so Lorentz.

Damit sich die Polio-Betroffenen über ihre Erfahrungen im Alltag und im Berufsleben austauschen können, treffen sich die Mitglieder regelmäßig. Fachvorträge, die die Polio-Regionalgruppe organisiert, soll den Mitgliedern ein bis zwei Mal im Jahr den neuesten medizinischen Kenntnisstand zur Polio und dem PPS vermitteln. "Die Vorträge werden sehr gut angenommen. Zwischen 50 und 100 Zuhörer nehmen jedes Mal teil", freut Lorentz über die Resonanz.

Der "große Erfolg" der Regionalgruppe sei laut Lorentz dadurch zu erklären, dass die Mitglieder aus dem Saarland, aber auch aus Lothringen, Luxemburg, Belgien und selbst aus Italien kommen. Binnen 17 Jahren habe sich der Mitgliederbestand mehr als verneunfacht. bera

"Das Post-Polio-

Syndrom kann erst nach 20, 30, 40 Jahren auftreten."

Michael Lorentz

AUF EINEN BLICK

Die Polio-Regionalgruppe 32 Saarland (die 32. Gruppe, die dem Bundesverband Poliomyelitis beigetreten ist) hat 56 Mitglieder. Diese treffen sich einmal im Monat, das nächste Mal am 15. August um 15 Uhr im Haus Sonnenwald in Merzig-Besseringen. Die Regionalgruppe ist Mitglied im Bundesverband Poliomyelitis mit Hauptsitz im sächsischen Thermalbad Wiesenbad. bera

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