Pizza mal nicht tiefgekühlt

Saarlouis. "Thunfisch mag ich nicht", sagt Max, 6, und ziehtdie Mundwinkel herunter. Lukas, 7, und Lea, 8, stimmen ihm zu. Doch Ernährungswissenschaftlerin Petra Borgeest lässt sich in der Küche der Familienbildungsstätte in Saarlouis nicht beirren

Saarlouis. "Thunfisch mag ich nicht", sagt Max, 6, und ziehtdie Mundwinkel herunter. Lukas, 7, und Lea, 8, stimmen ihm zu. Doch Ernährungswissenschaftlerin Petra Borgeest lässt sich in der Küche der Familienbildungsstätte in Saarlouis nicht beirren. "Was gehört alles zu einer Pizza?", fragt die 40-jährige Mutter, die für Slow Food Saar die Kinder auf den Geschmack bringen will.

Jungen sind in der Mehrheit beim Pizza-Kurs für Sechs- bis Neunjährige an diesem Nachmittag: Da sind neben Max und Lukas noch Leon, 8, Claudius, 9, im Werder-Trikot, Lukas und Niklas, beide 9, die verspätet eintrudeln, sie hatten ein Fußballspiel zu bestreiten. Neben Lea sind Lisa, 6, und Josephine, 7, dabei. Mit Schürzen, auf denen Kreppstreifen mit ihren Vornamen kleben, sitzen sie um den Tisch. Eine Slow-Food-Schnecke und der Name "Mary" ziert die brombeerfarbene Schürze von Maria Voss-Peter, 53, der Chefin von Slow Food Saar, die beim Backen hilft.

Die neun Kinder, die auf die Tafel schauen, auf der die Zutaten aufgemalt sind, wirken normalgewichtig. Petra Borgeest kümmert sich in ihrer Werkstatt für gesunde Ernährung und Esskultur "Esswerk" hauptberuflich vor allem um jene Kinder, die übergewichtig sind. "Ich arbeite mit Siebenjährigen, die 50 Kilogramm wiegen. Diese Kinder müssen Esskultur erst lernen, manche Eltern packen zu Hause beim Abendessen nicht einmal mehr die Wurst aus der Plastikverpackung. Das Essen ist dort leider oft zur Nebensache geworden."

"Der Teig kommt als erstes. Da sind Salz, Wasser und Mehl drin", ruft Claudius. Und auch Hefe, sagt Backlehrerin Petra. "Wo kommt die Hefe her?", fragt Josefine. "Die wächst auf Feldern!", lautet Max' prompte Antwort. "Nein, das stimmt nicht", berichtigt Petra, "doch wo die Hefe wirklich herkommt, weiß ich momentan leider nicht." Die Wissenslücke schmerzt niemanden, denn die mutige Josefine probiert ein Bröckchen Hefe. Auch Lea wagt es: "Iih, das schmeckt eklig!", lautet ihr Urteil. Die Kochlehrerin erklärt derweil, wie der Teig "geht", wie die Hefepilze reagieren, der Teig luftig und dabei doppelt so groß wird.

Damit ist die Theorie beendet. "Vorsicht mit den Messern", warnt Petra und zeigt, wie ein Messer sicher zu halten ist. Vor der Tat waschen alle ihre Hände. Dann stehen die Neun an den Brettern und schnippeln Pilze, Paprika, Schinken und Tomaten. Als die Zutaten klein geschnitten sind, geht es an den Teig. "300 Gramm Mehl, ein halber Würfel Hefe, eine Prise Salz", erklärt Petra. Die Hefe wird in 150 Milliliter Wasser aufgelöst, was die Kinder angesichts der Messbecher, die eine Achtelliter-Skala haben, vor Probleme stellt. Wasser, Hefe und ein wenig Zucker werden gerührt, bis die Hefe sich auflöst. Dann kommt Mehl hinzu. "Das geht schwer, das Rühren", sagt Lisa. "Ihr dürft mit dem Teig kämpfen", ermuntert Petra. Die roten Gesichter sprechen für sich. Teigkugeln knallen auf Arbeitsplatten. "Der Teig ist schön warm", ruft Lea.

Warum ist Pizza langsames Essen? "Pizza ist Slow Food, weil wir sie selbst machen und nicht aus einer Folie schneiden und in den Ofen schieben", erklärt Mary. "Bei Kindern kann man am Geschmack viel machen", ist sie vom Erfolg der Kurse überzeugt.

"Riecht wie Badesalz", sagt Max, der begeistert Tomaten mit einer Gabel zerdrückt. Andere reiben Gouda, nicht unbedingt italienisch, aber sanft zu Kinderzungen. Die Kinder rollen den Teig, der sensationell schnell gegangen ist, aus. Fix kommt er aufs Blech, die Zutaten werden kunstvoll verteilt. Mit Handschuhen schieben die Kinder die Bleche in die Öfen.

"Wer hat zu Hause schon mal den Tisch gedeckt?", fragt Mary. "Ich, ich, ich!" rufen alle. "Die Messerschneiden nach innen zum Teller", erklärt die Slow-Food-Chefin. Die Kinder verteilen Gläser, auf denen Saarlodri-Bildchen prangen. Nach über zwei Stunden wird die erste Pizza aus dem Ofen gezogen, allen schmeckt es. Dann stehen die Eltern in der Tür, um die Pizzabäcker abzuholen. Petra und Mary wienern nun noch die Küche, denn das gehört nicht zum Kurs-Inhalt.

Hintergrund

Slow Food ("Langsames Essen") ist eine weltweite Vereinigung von Genießern und Konsumenten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Kultur des Essens und Trinkens zu pflegen und lebendig zu halten. Im Saarland gibt es etwa 90 Mitglieder im Landesverband, der sich Convivium nennt, darunter Lebensmittelhändler, Gaststätten und "Leute, die gerne gut essen", wie Maria Voss-Peter sagt, die mit Gilbert Jaeck den Saar-Slowfood-Verband anführt. Internetadresse: www.slowfood.de/slow_food_vor_ort/saarland/

Der nächste Pizzakurs für zehn- bis 13-Jährige findet morgen von 15.30 bis 18.30 Uhr in der Katholischen Familienbildungsstätte, Lisdorfer Str. 13, Saarlouis statt. Der Kurs dauert drei Stunden. Kosten: 15 Euro plus ein Betrag für die Lebensmittel. Anmeldungen, Tel.: (06831)9868644 oder per Mail an petra.borgeest@gmx.de. dik

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