Pingusson-“Skandalbau“? Pingusson-Bau-Sanierung erst 2022?

Saarbrücken · Der Ministerstreit um das frühere Ministerium ist abgeebbt. Jetzt rücken Zeitplan und Kostensteigerungen in den Fokus.

 Sorgte jetzt sogar für Zoff in der Regierungskoalition: der sanierungsbedürftige Saarbrücker Pingusson-Bau (früheres Kultusministerium).

Sorgte jetzt sogar für Zoff in der Regierungskoalition: der sanierungsbedürftige Saarbrücker Pingusson-Bau (früheres Kultusministerium).

Foto: Tobias Keßler

Mutmaßlich ist die  unschöne Konfrontation zwischen dem Bau- und dem Kultusminister über den Pingusson-Bau, die der Opposition Anlass bietet, über Effizienz und Arbeitsfähigkeit der Großen Koalition zu spotten, nicht nur unnötig gewesen, sondern das kleinere Problem in diesem Zusammenhang. Zum einen hat Klaus Bouillon (CDU) längst beigedreht, hat seine Aussage über einen möglichen Abriss der früheren französischen Botschaft modifiziert und kann sogar belegen, dass Ulrich Commerçons (SPD) Unterstellung, er missachte einen Sanierungs-Kabinettsbeschluss von 2016, nicht zutrifft. „Ich erfülle den dort formulierten Auftrag. Ich fühle mich ungerecht behandelt“, so Bouillon zur SZ. Die Vorlage sehe eine nochmalige Befassung des Kabinetts mit der Angelegenheit vor und folgende Schritte, die zuvor zu erledigen seien: eine weiterentwickelte Kostenschätzung, eine aktualisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sowie eine Überprüfung all dessen durch den Rechnungshof.

Danach müsse das Finanzministerium noch Finanzierungsmodelle entwickeln und zuliefern. Im „Saartalk“ erklärte Bouillon: „Am Ende wird rauskommen, was der Ministerrat entscheidet – was der Kultusminister leider Gottes vergessen hat.“ Er, Bouillon, stehe für „genaues Rechnen“ und werde dafür sorgen, dass jeder Kollege, der die Sanierung befürworte, und entscheide, dass der Bau erhalten bleibe, genau wisse, was das koste.

Dass es nicht bei den 2016 grob geschätzten 32 Millionen bleiben wird, diese Botschaft hat der Minister bereits jetzt gesendet. 2,5 Prozent mehr pro Jahr fallen an. Dem neuen Bauminister, der den Pingusson-Bau von seinem CDU-Ministerkollegen Stephan Toscani übernommen hat, läuft die Zeit davon. Am Ende wird womöglich er dafür geradestehen müssen, dass so viele Zusatzkosten durch den langen Planungsprozess entstanden sind.

Es gibt noch einen weiteren Grund für Zeitdruck: Der Mietvertrag, den das Kultusministerium für sein Ausweichquartier in der Alten Post 2014 abgeschlossen hat, muss nämlich verlängert werden. Er endet im Februar 2019, also lange bevor die Sanierung überhaupt beschlossen oder angelaufen ist. Aber für wie lange muss verlängert werden? 1,1 Millionen Euro Kaltmiete zahlt das Land jährlich. Bis dato sind dies schon mehr als drei Millionen Euro. Bouillon erklärt gegenüber der SZ, er halte den finalen Kabinettsbeschluss angesichts der ihm aufgetragenen weiteren Prüfungs- und Absicherungsschritte frühestens für 2020 machbar. Doch wann wäre dann ein Sanierungsbeginn denkbar? Wohl kaum vor 2022. Da summiert sich was auf.

In Sachen Gutachten kommt die Sache nicht noch teurer als erwartet. Bouillon hatte dieser Tage zwar von einem neuen Gutachten gesprochen. Auf Nachfrage der SZ hieß es jetzt jedoch aus der Bauabteilung, man habe nicht etwa ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben, das zusätzliches Geld koste, sondern es laufe ein Gesamtplanungsprozess, in dessen Rahmen Teilprüfungen erfolgten. Dies habe der Minister gemeint. Derzeit beschäftige man sich mit einer Optimierung der Haustechnik.

In einer der SZ zur Verfügung gestellten Aufstellung tauchen seit 2007 fünf Einzelgutachten mit einer Gesamtsumme von 148 500 Euro auf. Insgesamt belaufen sich die Kosten für „Bestandsaufnahmen und Sicherungsmaßnahmen“ zwischen 2007 und 2017 auf 622 400 Euro. Hinzu kommen pro Jahr 215 000 Euro Leerstandskosten, wie aus einer aktuellen Antwort der Landesregierung von November auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Für die Opposition ist das Vorgehen der Landesregierung in Sachen Pingusson seit Jahren ein gefundenes Fressen. Der Linken-Landtagsabgeordnete Jochen Flackus prognostizierte dieser Tage: „Die nächste Baupleite der Landesregierung ist vorprogrammiert.“ Und Grünen-Landeschefin Tina Schöpfer kritisierte, die Landesregierung gefährde das kulturelle Ansehen des Landes.

In der Antwort der Landesregierung liest man derweil Folgendes: Die Planungen seien „derzeit nicht abgeschlossen“, und deshalb seien „die Kosten nicht abschließend belastbar ermittelt. Daher fehlen noch wichtige Grundlagen, um (...) Finanzierungsmodelle mit Dritten erörtern zu können.“ Solcherart Formulierungen durchziehen die Pingusson-Debatte, seit sie 2010 öffentlich wurde. Zuvor lief sie schon drei Jahre regierungsintern. Wer Humor hat, nennt das einen Running Gag.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort