Pflegenotstand in Homburg Hoffnung auf Kompromiss an Uniklinik

Homburg · Der unbefristete Streik in Homburg könnte in letzter Minute noch abgewendet werden. Das Land ist einverstanden, mit Verdi einen Vertrag zur Entlastung der Pflege zu schließen.

 Der Uniklinik in Homburg fehlen Pflegekräfte. Verdi will die Einrichtung unbefristet bestreiken, um bessere Arbeitsbedingungen zu erzwingen.

Der Uniklinik in Homburg fehlen Pflegekräfte. Verdi will die Einrichtung unbefristet bestreiken, um bessere Arbeitsbedingungen zu erzwingen.

Foto: Foto: Frank Kirchhoff/UKS

Die Uhr tickt. Bis zum 11. September entscheiden die in der Gewerkschaft Verdi organisierten Beschäftigten des Universitätsklinikums (UKS) in Homburg, ob sie unbefristet streiken wollen – nicht für mehr Gehalt, sondern für bessere Arbeitsbedingungen und zusätzliches Personal. Es gibt kaum Zweifel daran, dass das nötige Quorum von 75 Prozent bei der Urabstimmung erreicht werden wird.

„Die Stimmung ist entschlossen und kämpferisch“, sagt Verdi-Sekretär Michael Quetting. „Geschieht vorher kein Wunder, wird es ab dem 19. September zu einem unbefristeten Erzwingungsstreik für einen Tarifvertrag Entlastung kommen.“ Doch dieses Wunder ist gar nicht mehr so unwahrscheinlich. Sowohl Verdi als auch die Arbeitgeberseite halten inzwischen einen Vertrag zur Entlastung der Pflegekräfte für möglich.

Die Ausgangslage: Verdi will mit dem Streik einen einklagbaren Tarifvertrag zur Entlastung des Pflegepersonals erzwingen. Allerdings verbietet die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) dem Saarland den Abschluss eines solchen Tarifvertrages. Insbesondere die von Verdi geforderten Mindestbesetzungsregelungen seien „inhaltlich einer Regelung durch Tarifvertrag nicht zugänglich“. Das Land fürchtet, aus der TdL zu fliegen, wenn seine Uniklinik trotzdem einen Tarifvertrag abschließt.

Ein möglicher Ausweg zeigt sich in Nordrhein-Westfalen. Dort gab es an den Unikliniken von Essen und Düsseldorf eine ähnliche Ausgangslage. Um aus der Sackgasse herauszukommen, haben Verdi und die Klinikvorstände einen Vertrag geschlossen, der aber nicht „Tarifvertrag“ heißt, sondern „Vertragliche Vereinbarung“.

Das klingt nach Wortklauberei, und in der Praxis dürften die juristischen Unterschiede in der Tat gering sein. Bei dem Dokument aus NRW handelt es sich um eine „schuldrechtliche Vereinbarung“, also einen gewöhnlichen zivilrechtlichen Vertrag. Die Existenz der Tarifverträge wird dadurch nicht berührt. Damit hat Verdi zwar immer noch keinen Tarifvertrag, aber das Entscheidende für die Gewerkschaft ist: Die Regelungen in dem Vertrag sind vor den Zivilgerichten einklagbar. „Es ist aus unserer Sicht ein Weg, wie die TdL und die Arbeitgeber gesichtswahrend herauskommen“, heißt es bei Verdi auf Bundesebene. In der Tat steht einem solchen Vertrag auch nach Ansicht der TdL nichts im Wege.

Vielen Beschäftigten in Essen und Düsseldorf dürfte nicht einmal aufgefallen sein, dass es sich nicht um einen Tarifvertrag handelt, denn es wurde das Verfahren angewandt, das bei Tarifauseinandersetzungen üblich ist – mit Urabstimmung, Streik, Schlichtung und so weiter. Auch in Homburg ist dieses Verfahren in vollem Gang. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir eine solche oder vergleichbare Lösung auch im Saarland hinbekommen“, sagt Quetting. Dann könne auch der Streik noch abgewendet werden. Voraussetzung sei, dass es bis zum 19. September eine Vereinbarung gebe. Für Verhandlungen bliebe nach dem Ende der Urabstimmung also nur rund eine Woche Zeit.

In der Landesregierung wurde die Einigung in NRW mit Interesse verfolgt. Staatskanzlei-Chef Jürgen Lennartz (CDU) zeigt sich offen für ein solches Konstrukt. Man strebe eine Vereinbarung an, die allen Beteiligten Rechtssicherheit gebe und einklagbar sei. Explizit nannte er das Beispiel aus Nordrhein-Westfalen, das eine Grundlage sein könne, um eine Einigung zu erzielen. Oberstes Prinzip sei es, den Streik zu verhindern.

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