Polizei und Justiz Pakt für den Rechtsstaat schafft Frust im Saarland

Saarbrücken · Was die Bundeskanzlerin am Donnerstagabend nach ihrem Treffen mit den 16 Ministerpräsidenten zu berichten hatte, klang verheißungsvoll. Der „Pakt für den Rechtsstaat“, der in den Ländern die Schaffung von 2000 zusätzlichen Stellen für Richter und 7500 zusätzlichen Stellen für Polizisten vorsieht, sei „ein guter Tag für den Rechtsstaat“, sagte Angela Merkel (CDU).

Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der bei der Pressekonferenz links von Merkel saß, befand die Einigung vor den laufenden Kameras ebenfalls für gut.

In der saarländischen Justiz wird die Sache wesentlich nüchterner gesehen. Wer sich das Papier ansieht, muss feststellen, dass es dem Land so gut wie nichts bringt, außer ein bisschen Unterstützung bei der Digitalisierung der Gerichte. Der Pakt wird dem Land weder 24 zusätzliche Richter noch 90 neue Polizisten bringen, das wäre jeweils der saarländische Anteil an den bundesweiten Zahlen gewesen. Der Pakt für den Rechtsstaat war, so muss man das inzwischen wohl sehen, ein großes Missverständnis.

Gerade die finanzschwachen Länder hatten darauf gesetzt, dass der Bund zumindest einen Teil der zusätzlichen Richter und Polizisten bezahlt. Zwar hat die schwarz-rote Bundesregierung den Ländern für die Richter in dem Pakt eine Einmalzahlung zugesagt. Doch dieser Betrag reicht im Saarland nicht einmal aus, um einen einzigen Richter der untersten Besoldungsstufe ein ganzes Berufsleben lang einschließlich Pension zu bezahlen. Von einer „schmalen Anschubfinanzierung“ spricht der saarländische Justiz-Staatssekretär Roland Theis (CDU). Es sei bedauerlich, dass es Bundesjustizministerin Katharina Barley (SPD) nicht gelungen sei, bei Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mehr Geld für die Länder herauszuschlagen. Das Bekenntnis von Bund und Ländern zu einer Stärkung der Justiz erleichtere es aber, dass der Stellenabbau in der Justiz gestoppt wird, und mittelfristig, also nach 2021, wieder Stellen aufzubauen, sagte Theis.

Bei der Polizei schießt der Bund den Ländern keinen Cent zu. Dass dies zu Frust führt, hat sich die große Koalition im Bund selbst zuzuschreiben. CDU/CSU und SPD hatten vor der Bundestagswahl in ihren Wahlprogrammen nämlich 15 000 zusätzliche Polizisten angekündigt, und zwar „in Bund und Ländern“. Kein Wunder, dass sie sich in den Koalitionsverhandlungen rasch einig waren: „Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern wollen wir … um weitere 15 000 Stellen (jeweils weitere 7500 im Bund und 7500 in den Ländern) ausbauen.“ So stand es im Entwurf.

Vor der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages muss irgendjemandem aufgefallen sein, dass man die Aussage so verstehen kann, dass der Bund den Ländern die 7500 Stellen bezahlt. Deshalb wurde aus dem entschiedenen „wollen wir“ in der Endfassung des Vertrages die etwas ungelenke Formulierung, am Ende des Personalaufbaus „werden insgesamt 15 000 Stellen geschaffen worden sein“, davon 7500 vom Bund.

Innerhalb der großen Koalition im Saarland wurde frühzeitig auf einen Widerspruch aufmerksam gemacht: Einerseits setze der Bund das Land unter Spardruck, und andererseits verlange er jetzt neue Stellen. Der Kompromiss lautet nun: Das Saarland profitiert bei den Richtern von der „Anschubfinanzierung“ des Bundes, auch wenn es keine zusätzliche Stelle schafft.

Fazit: Bundesweit betrachtet mag der „Pakt für den Rechtsstaat“ ein Erfolg und ein starkes Signal sein, denn Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen haben ihre Sicherheitsbehörden schon in den vergangenen Jahren mit tausenden zusätzlichen Stellen aufgerüstet und werden dies weiter tun. Am Ende könnte es tatsächlich sein, dass es 2021 bundesweit 2000 Richter und 7500 Polizisten mehr gibt als im Referenzjahr 2017. Aber das Saarland aber schaut dabei in die Röhre.

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